Dido Elizabeth Belle

Normalerweise informiere ich mich ja recht gründlich über das aktuelle Kinoprogramm oder bekomme gute Tipps, so dass ich nur sehr selten einen richtig guten Film verpasse, aber hin und wieder entgeht einer dann doch meinem Radar. Dido Elizabeth Belle ist so ein Film, über den mich Mark G. informierte, als er schon fast wieder aus den Kinos verschwunden war. Zum Glück konnte ich ihn noch nachholen …

Dido Elizabeth Belle

Im späten 18. Jahrhundert wird Dido Elizabeth Belle (Gugu Mbatha-Raw) als Tochter eines britischen Captains (Matthew Goode) geboren und nach dem Tod der Mutter zu einem Onkel (Tom Wilkinson) gebracht, der sie als sein Mündel großzieht. Dido wächst wohlbehütet in der britischen Oberschicht auf, denn ihr Onkel ist Lord-Oberrichter und damit einer der mächtigsten Männer des Landes, der gerade über den wichtigsten Prozess seiner Zeit zu entscheiden hat: Als die Sklaven auf einem Schiff erkrankten, wurden sie von der Besatzung über Bord geworfen und getötet, vorgeblich weil das Leben der Mannschaft auf dem Spiel stand, tatsächlich aber weil sie bei ihrer Ankunft nichts mehr wert gewesen wären. Nun wollen die Schiffseigner eine Entschädigung, doch die Versicherung weigert sich und wittert Betrug. Das Gerichtsurteil könnte dem Sklavenhandel in England und den Kolonien einen schweren Schlag versetzen, sogar dem Handel insgesamt schwer schaden. Die Gegner der Sklaverei versuchen alles, um diese schändlichen Machenschaften zu unterbinden, und Dido kommt in dieser Auseinandersetzung eine nicht unwichtige Rolle zu – denn sie ist schwarz …

Ich bin ein riesiger Fan britischer Kostümfilme und Literaturverfilmungen von Dickens und Austen, und allein aus diesem Grund ist Dido Elizabeth Belle ein ganz besonderes Schmankerl. Die Besetzung ist wunderbar, neben Wilkinson agieren noch Emily Watson, Penelope Wilton und eine herrlich fiese Miranda Richardson. Eine große Überraschung ist jedoch die Hauptdarstellerin Gugu Mbatha-Raw, die eine höchst eigenwillige, sehr kluge und engagierte Heldin verkörpert, die sich stark von den üblichen Frauenfiguren jener Zeit unterscheidet. Zwangsläufig ist es ein Film über Rassismus, ein nach wie vor aktuelles Thema, und wie eine Gesellschaft, noch dazu eine, die sich als so überaus kultiviert empfindet wie die des britischen Adels, sich damit auseinandersetzt. Es ist darüber hinaus auch eine Geschichte über gesellschaftliche Regeln und Gesetze, über Menschenrechte und Freiheit und meint damit auch die Frauen, die zu jener Zeit kaum mehr Rechte besaßen als Sklaven.

Regisseurin Amma Asante liefert nicht nur einen überaus prachtvoll bebilderten, kostbar ausgestatteten Historienfilm ab, sondern auch ein kluges Frauenporträt, eine Studie über Rassismus und Emanzipation mit teilweise brillanten Dialogen (Drehbuch von Misan Sagay) sowie eine anrührende Liebesgeschichte, die niemals kitschig wird. Und das Erstaunlichste daran ist: Die Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten, Dido Elizabeth Belle ist eine historisch verbürgte Person. Insgesamt ist es eine höchst gelungene Gratwanderung und eine erstaunliche Leistung für eine zweite Regiearbeit. Und über all dem schwebt, wie immer traumhaft schön, die Musik von Rachel Portman.

Abgesehen von einem leicht holperigen, ein bisschen zu optimistischen Ende ein nahezu perfekter Film.

Note: 1-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.