Der Butler

Ein Grund unter vielen, warum sich Downton Abbey so großer Beliebtheit erfreut, ist sicherlich der heimliche Wunsch, so ein luxuriöses Leben zu führen wie die dargestellte Oberschicht. Ein großes Haus und jede Menge Personal, das sich um die alltäglichen Dinge des Lebens kümmert. Nie wieder Stress wegen des Abwasches, der Wäsche oder der Frage, was man heute schon wieder kochen soll, stattdessen wird das Bett gemacht, das Essen steht pünktlich auf dem Tisch, und dienstbare Geister beseitigen das Chaos, das man hinterlassen hat. Also wie im Hotel, nur zu Hause. Andererseits stelle ich es mir auch ein wenig seltsam vor, ständig fremde Menschen um sich herum zu haben, die darauf lauern, jeden Krümel, den man fallen gelassen hat, zu entfernen.

Ab nächster Woche verlagert sich InsideKino wieder ins Ausland, genauer gesagt nach Italien. Wir müssen noch einmal Esel und Hunde hüten, und auch wenn das Haus nicht ganz so groß und luxuriös wie Downton Abbey ist, gibt es dort wenigstens ein wenig Personal, das sich um ein paar Dinge kümmert. Abwaschen müssen wir aber trotzdem selbst.

Passend dazu die Kritik zu:

Der Butler

Als Kind muss Cecil Gaines (Forest Whitaker) mitansehen, wie seine Mutter vergewaltigt und sein Vater erschossen wird – von dem Farmer (Alex Pettyfer), für den die schwarze Familie arbeitet. Dessen Mutter (Vanessa Redgrave) nimmt ihn danach im Haus auf und bildet ihn zum Diener aus. Als junger Mann geht Cecil nach Washington, um in einem Hotel zu arbeiten, und erhält schließlich das Angebot, als Butler im Weißen Haus zu dienen. Im Laufe der Jahrzehnte erhält Cecil Einblicke in das Leben und Wirken von sechs Präsidenten, erlebt die turbulenten Sechziger mit der Bürgerrechtsbewegung, den politisch motivierten Attentaten und dem Vietnamkrieg. Auch seine eigene Familie macht schwere Zeiten durch, denn Cecils Frau (Oprah Winfrey) trinkt, und sein ältester Sohn schließt sich zuerst Martin Luther King und dann den Black Panther an, während sein jüngerer Sohn zur Armee eingezogen wird.

Von den Baumwollfeldern des Südens in das Herz der amerikanischen Politik – der reale Cecil Gaines führte ein spannendes Leben, das ihn zum Zaungast wichtiger Ereignisse machte. Kein Wunder, dass ein Journalist darüber berichtete und ihn zur zentralen Figur eines Artikels über die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung machte – und eine Verfilmung nicht lange auf sich warten ließ. Es ist ein anspruchsvolles Thema, ein wichtiges, historisches Sujet und eine Geschichte, die bis in unsere Gegenwart hinein wirkt.

Was real, wie viel Fiction in der Story zu finden ist, kann man schlecht sagen, vieles wirkt einfach zu perfekt arrangiert, zu exemplarisch, um sich tatsächlich so ereignet zu haben, aber das kann man dem Film verzeihen. Denn die Geschichte ist emotional berührend und interessant – aber leider auch ein wenig zu lehrbuchhaft. Regisseur Lee Daniels folgt brav einer biografischen Station nach der anderen, hakt gewissenhaft die traumatische Kindheit ab und unterteilt die Berufsjahre in die Amtszeiten der jeweiligen Präsidenten. Diese bleiben jedoch nur Statisten in Cecils Leben, obwohl hochkarätig besetzt und gut gespielt von Robin Williams (Eisenhower), James Marsden (Kennedy), John Cusack (Nixon), Liev Schreiber (als Johnson kaum zu erkennen unter seiner Latexmaske) und Alan Rickman (Reagan, mit Jane Fonda als Nancy).

Der überlange Film, der doch zu kurz ist, weil er nicht allen Episoden den ihnen angemessenen Raum bieten kann, ist wie ein ruhiger Fluss, der unaufgeregt selbst die schlimmsten Exzesse Revue passieren lässt, die blutigen Details aber gnädig ausblendet. Das gilt für die politischen Ereignisse ebenso wie für die privaten, denn das Schicksal spart nicht mit harten Schlägen. Cecil scheint von allem jedoch unberührt, er ist der Fels in der Brandung, der doch auf seine stille Weise für die Rechte der Afro-Amerikaner kämpft. Forest Whitaker spielt ihn verhalten, aber mit großer Würde, und schafft es dabei immer, die mühsam zurückgehaltenen Emotionen seiner Figur aufblitzen zu lassen.

Ein interessantes Historienstück, leider zu brav und konventionell umgesetzt.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.