Cousins, Shrimps und Helikopter

Gestern Nachmittag war hier einiges los: kreisende Hubschrauber, Polizeistreifen, die laute Durchsagen machten, und aufgeregte Anwohner auf den Straßen. Doch dazu später mehr …

Der Tag begann mit der nüchternen Erkenntnis, dass sich das Haus langsam in ein Lazarett verwandelt. Mark G. befindet sich inzwischen auf dem Weg der Besserung, doch inzwischen liegt der nächste Kranke im Bett, und der Rest von uns ist sich nicht sicher, ob er nicht auch noch dran glauben muss. Immerhin verschwindet das Kratzen im Hals bei mir immer wieder, sobald ich aufgestanden bin.

SAM_4617Gegen Mittag machten wir uns auf den Weg nach Chinatown, um uns mit Mark G.s Cousinen und Cousins zum Essen bei unserem Lieblingschinesen zu treffen. Die letzten Mal war es so kalt in dem Lokal gewesen, dass ich mich diesmal angezogen habe wie für eine Antarktis-Expedition. Fehlten nur noch Handschuhe und eine Mütze. Doch es stellte sich heraus, dass sie ihre Mahlzeiten nicht mehr bei Minusgraden servieren, so dass ich am Ende sogar leicht ins Schwitzen kam. Das Essen – Süß-sauer-Suppe, Kung Pow-Hühnchen, die berühmten Slippery Shrimps und die nicht weniger berühmten Knoblauch-Auberginen – war wie immer ausgezeichnet, und so verbrachten wir angenehme und anregende anderthalb Stunden.

Auf dem Heimweg gingen wir zuerst in eine chinesische Bäckerei um die Ecke, weil unsere Freunde ganz begeistert von einem bestimmten Gebäck sind. Leider wussten wir nicht mehr, welches sie meinten, und griffen einfach auf gut Glück zu. Für mich ist es immer sehr irritierend, wenn in chinesischen Bäckereien die süßen und herzhaften Teilchen bunt gemischt nebeneinander liegen, hier welche mit Erdbeerfüllung, direkt daneben Schweinefleisch mit Zwiebeln. Zum Glück gab es eine englischsprachige Beschriftung. Wer hier allein nach Aussehen kauft, könnte sonst beim ersten Bissen überrascht sein.

Wie immer ist das Autobahnkreuz, wo die 110 und die 105 einander auf fünf Stockwerken über- und unterqueren, hoch interessant, und wer es noch kennt (zum Beispiel aus Speed, der seinerzeit auf der Baustelle der 105 entstand), bekommt hier einen kleinen Einblick.

Anschließend machten wir noch Halt bei „Yogurtland“, um uns eine kleine Nachspeise zu gönnen. Interessanterweise schmecken mir die fruchtigen Sorten besser, während ich bei der klassischen Eiscreme eher Milcheis bevorzuge. Und dann ist es natürlich Joghurt – leicht und mit wenigen Kalorien. Zumindest wollen sie uns das einreden, ich fürchte jedoch, die bittere, oder eher süße Wahrheit ist eine ganz andere. Immerhin kann man durch die Wahl des Toppings Kalorien sparen, was jedoch nur die wenigsten tun. Entsprechend konnte man sehr viele übergewichtige Kinder beobachten, in Begleitung ihrer ebenfalls fülligen Eltern.

Gegen Abend ereignete sich in der Nachbarschaft eine Tragödie: In der Autowaschanlage am Ende der Straße verschwand ein zweijähriges Mädchen spurlos, während ihre Eltern auf ihren Wagen warteten. Innerhalb kürzester Zeit wimmelte es hier nur so von Polizeiwagen, die die Anwohner um ihre Mithilfe baten, und sechs Hubschrauber kreisten unablässig über der Gegend, vermutlich gehörte mindestens die Hälfte davon den TV-Sendern, denn binnen kürzester Zeit wurde im Fernsehen darüber berichtet.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2015 von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.