Preacher

Kürzlich wurde eine Neuverfilmung von Snatch angekündigt – als Serie im Stil von Fargo. Kultfilme in Serien zu verwandeln oder deren Vorgeschichten zu erzählen, ist schon seit Jahren ein Trend: Teen Wolf, Hannibal, Bates Motel und From Dusk Till Dawn haben alle die Transformation von der Leinwand auf den Bildschirm durchgemacht, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Aber Fargo hat einen Nerv bei den Zuschauern, Produzenten und Kritikern getroffen, nicht nur weil die Serie in jeder Staffel eine eigene Welt kreiert, sondern auch weil sie von einem trockenen, schrägen Humor geprägt wird, der seinesgleichen sucht und natürlich schon in der Kinoadaption vorhanden war.

Wenn man sich die Serie Preacher ansieht, hat man das Gefühl, als hätte Amazon bei der Auftragsvergabe explizit nach „etwas wie Fargo“ verlangt: eine skurrile Geschichte, ein Panoptikum seltsamer Gestalten und jede Menge verrückte Einfälle. Schon die erste Folge macht ungeheuer neugierig und wartet mit einigen überraschenden Details auf, von denen manche nur im Hintergrund zu sehen sind – etwa die Nachricht vom explodieren Tom Cruise. Und es dauert mindestens drei oder vier Folgen, bevor man einen blassen Schimmer hat, worum es eigentlich geht.

Wer sich überraschen lassen und Spoiler vermeiden möchte, sollte diesen Absatz über den Inhalt der Serie überspringen: Dominic Cooper mimt einen desillusionierten Prediger, der früher ein richtiger Bad Guy war und mit seiner Ex Tulip (Ruth Negga) Raubzüge durchgeführt hat. Nun versucht er, Sühne zu leisten und Gott zu finden, als er eines Tages von einer übernatürlichen Macht besessen wird, die ihm eine ganz besondere Gabe verleiht. Doch zwei zwielichtige Engel sind hinter ihm her, um diese Macht wieder zurückzuholen, und der Prediger muss sich ihrer Machenschaften erwehren. Dabei steht ihm ausgerechnet ein Vampir (Joseph Gilgun) zur Seite …

Über diesen Hauptstrang hinaus wartet die Serie noch mit etlichen anderen, schrägen Geschichten auf, die sich langsam entfalten und bisweilen hochkomische und absurde Blüten treiben. Nach einem fulminanten Start geht der Serie jedoch zwischendurch ein wenig die Puste aus, bevor sie dann zum Ende hin noch einmal voll aufdreht. Das Ganze ist eine irre, im wahrsten Sinne apokalyptische Gottessuche, die an Zynismus kaum zu überbieten ist. Trotz kleiner Längen macht sie eine Menge Spaß – ist gelegentlich aber auch ganz schön blutig …

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.