Vegas, Baby!

Ausgerechnet heute mussten wir nach Las Vegas fahren. Es ist heiß – um die vierzig Grad im Schatten, doch im Auto mit Klimaanlage braucht man fast was Warmes zum Anziehen. Überhaupt ist es eine verkehrte Welt: Wenn ich ein Gebäude betrete, ziehe ich meist eine Jacke an, wenn ich nach draußen gehe, lege ich sie wieder ab. Unser Hotelzimmer ist so kalt, dass wir unsere Getränke nicht einmal mehr in den Kühlschrank stellen müssen, weil Mark Angst hat, die Hitze gefährdet seinen Computer, und draußen ist es immer noch über dreißig Grad warm – in der Nacht.

Weil gestern ein großer Boxkampf in Vegas stattfand, ist die Stadt immer noch voller Fans, und als wäre das noch nicht genug, begeht Mexiko morgen seinen Nationalfeiertag – und alle Latinos haben es sich in den Kopf gesetzt, hier in Nevada ihren Tequila zu trinken. Ich habe noch nie so viele Sombreros in grün-weiß-rot gesehen wie heute…

SAM_4653imageAuch auf dem Highway war einiges los, fast so viel wie in der Gegenrichtung, wo die Wochenendausflügler wieder nach L.A. zurückkehrten. Natürlich haben wir auf halber Strecke wieder bei Peggy Sue’s Halt gemacht. Das 50er Jahre-Restaurant erfreut sich immer größerer Beliebtheit, denn so voll wie heute war es auch noch nicht. Wir mussten fünfzehn Minuten lang auf einen Tisch warten, durften dafür aber das tolle Interior bestaunen. Unsere Kellnerin – April – hatte eine Minnie-Maus-Stimme, bei der sich einem die Zehennägel hochbogen, das Essen dagegen war lecker wie immer. Burger, Pommes und Salat, traditionell amerikanisch.

Im Hotel erwartete uns die nächste Überraschung: Die Schlange an der Rezeption reichte einmal durchs Foyer. Es stellte sich heraus, dass im benachbarten Hotel ein Blues-Festival stattfinden sollte, der Veranstalter sich aber mit der Hotelleitung überworfen hatte, so dass die Festivität zu uns verlegt wurde. Jetzt mussten alle Gäste umziehen und wir eine halbe Stunde lang warten.

Diesmal übernachten wir im Riviera, mit 55 Jahren eines der ältesten Casinos am Strip. Ein Haus mit Geschichte und, wie es eine Freundin kürzlich ausdrückte, Charakter. Nun gibt es ja auch zweifelhafte Charaktere und diverse Gerüchte über die Mafia, die hier einst ihre Finger im Spiel hatte, aber das alles ist längst Vergangenheit. Große Namen sind hier aufgetreten: Bob Hope, Frank Sinatra, Dean Martin, Marlene Dietrich, Louis Armstrong, Liza Minelli, Babra Streisand oder Steve Martin, aber diese Zeiten sind leider vorbei. Es ist aber immer noch ein solides Hotel mit überraschend großen (und verdammt kalten) Zimmern und Blick auf das Circus Circus gegenüber. Die Leuchtreklame mit dem Clown könnte allerdings aus einem Stephen-King-Film stammen.

Wenigstens haben wir Strom. Heute morgen fiel in unserem Stadtteil von L.A. nämlich für anderthalb Stunden der Strom aus – just in dem Moment, in dem Mark G. unter der Dusche stand. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass das Bad kein Fenster hat und stockdunkel wurde, und die Heißwasserbereitung funktioniert auch nur elektrisch…

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2013 von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.