Sushi and more

Nach einer etwas zu kurzen Nacht begann der Donnerstagmorgen nicht so sonnig wie erwartet. Die Wolken hingen tief in einem stahlgrauen Himmel, und für den Abend wurde Regen vorhergesagt. Immerhin war es noch sommerlich warm.

Zum Frühstück gab es Kaki und Guave aus Nachbars Garten (oder aus wessen Garten auch immer, auf jeden Fall aber von unseren Freunden selbst gepflückt), die einen Hauch von Exotik in den Tag gebracht haben. Den selbstgemachten Guave-Pudding, der seit Tagen im Kühlschrank steht, habe ich allerdings immer noch nicht probiert, dafür haben wir zu oft unterwegs etwas Süßes gegessen.

Am späten Vormittag machten wir uns auf den Weg, um ein paar Dinge für die Heimreise oder Freunde daheim zu besorgen. Wir klapperten dafür vier oder fünf Läden ab, wurden aber leider nicht fündig. Das ist wirklich erstaunlich, wenn man die Größe der Geschäfte und ihre Auswahl bedenkt, aber vielleicht waren die Dinge, die wir gesucht haben, einfach nur zu speziell. Wahrscheinlich werden wir sie am Ende online bestellen, aber so kann uns wenigstens keiner nachsagen, wir hätten dem Einzelhandel keine Chance gegeben.

In der Mittagszeit bekamen wir dann plötzlich Hunger, und das überraschend günstige Angebot eines Restaurants mit einem Seafood-Büffet sah ziemlich verlockend aus. Mit den Vegas-Büffets konnte es zwar nicht mithalten, hatte aber immerhin gutes Sushi und einige delikate andere japanische Gerichte.

Da wir uns am folgenden Tag den neuen Tom Cruise-Film ansehen wollten, mussten wir am Abend noch den ersten Teil nachholen.

Jack Reacher

Ein Heckenschütze erschießt willkürlich fünf Menschen, und die am Tatort aufgefundenen Beweise deuten auf den Ex-Soldaten Barr (Joseph Sikora) hin, der schon einmal heimtückisch einige Kameraden erschossen hatte. Jack Reacher (Tom Cruise) hat seinerzeit gegen ihn ermittelt, aber der Fall wurde vertuscht. Bevor Barr von Mitgefangenen ins Koma geprügelt wird, verlangt er von dem Ermittler Emerson (David Oyelowo), Reacher zu kontaktieren. Als der ehemalige Militärpolizist sich der Sache annimmt, ahnt er nicht, dass ihn seine Recherchen zu einer groß angelegten Verschwörung führen werden …

Jack Reacher ist ein Action-Held vom alten Schlag, ein einsamer Cowboy, der durch das Land reist und sich hin und wieder eines Falles annimmt, dabei seinem eigenen Moralkodex gehorchend und sich mit den Behörden anlegend. Als Militärpolizist war er eine Legende, hart und unbestechlich, und mit der seltsamen Welt des amerikanischen Militärs haben auch seine beiden verfilmten Abenteuer zu tun. Ein bisschen ist Reacher fast zu gut für diese Welt, er ist höflich, warnt seine Kontrahenten davor, sich mit ihm anzulegen, und er verliert niemals einen Kampf. Selbst Frauen haben in seinem Leben keinen Platz, nicht einmal die hübsche, aber in ihrer Rolle als Barrs Anwältin wenig überzeugende Rosamunde Pike. It’s a Man‘s World.

Auch die Action in den Filmen erscheint im besten Sinne altmodisch: ehrliche Faustkämpfe Mann gegen Mann (oder meist Männer) ohne Martial-Arts-Gewirbel und Autoverfolgungsjagden ohne den Gesetzen der Physik spottenden Einfällen. Dabei hat der Romanautor Lee Childs die Figur erst 1997 erfunden, inzwischen sind bereits zwanzig Bände erschienen, ein weiterer ist angekündigt. Der Mann schreibt also wie am Fließband.

Beliebt ist Reacher vor allem in konservativen Kreisen, vermutlich solchen, die dem Militär nahestehen oder es zumindest bewundern. Aber Reacher legt sich in seinen Geschichten auch gerne mit Vorgesetzten oder Rangoberen an oder setzt sich für Außenseiter der Gesellschaft ein, denn ihn leitet allein sein Sinn für Gerechtigkeit.

Christopher McQuarrie inszeniert den Film mit sicherem Gespür für seinen schweigsamen Helden, der an die wortkargen Cowboys erinnert, die Clint Eastwood verkörpert hat. Humor wird sparsam eingesetzt, ist aber durchaus vorhanden, und mit den Verfolgungsjagden kommt auch immer wieder Spannung auf, so dass man dem Ermittler gerne bis in die düsteren Winkel der Verschwörung folgt, in der er den von Werner Herzog gespielten Strippenzieher schließlich aufspürt.

Man muss Reachers Hang zur Selbstjustiz und der konsequenten Durchsetzung seines Ehrenkodexes nicht folgen, man muss die Figur nicht einmal sonderlich mögen, um der Geschichte etwas abgewinnen zu können. Wenn es mehr Thriller wie diesen gäbe, wie es bis in die Neunziger der Fall war, wäre die Story, die zwar raffiniert konstruiert, aber nicht hundertprozentig logisch ist, nicht weiter erwähnenswert, so hat sie etwas Nostalgisches, das man nach all den knallbunten, überkandidelten Superhelden-Filmen durchaus zu schätzen weiß.

Note: 3

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2016 von Pi Jay. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.