Familientag

IMG_6106_smallAm Montag hatten wir Urlaub vom Urlaub. Es ist schlichtweg nicht genug passiert, um darüber zu berichten – mit einer kleinen Ausnahme: Wir haben nun ein neues Auto. Nein, wir hatten keinen Unfall, und es ist auch kein Baum darauf gefallen oder ähnliches. Obwohl … wir standen unter einem Pecannussbaum, der den Wagen mit seinen Blüten überzogen hat (die stark an die der Haselnuss erinnern), und auch einige Vögel haben ihn mit ihren Hinterlassenschaften verziert. Aber der Grund für den Austausch war ein anderer: Ein Ölwechsel war fällig.

Nach dem Frühstück mussten wir daher zum Flughafen fahren, mit der Mietwagenfirma klären, ob sie das Öl schnell auswechseln oder wir ein neues Fahrzeug bekommen. Da hier nichts mal eben so erledigt wird, durften wir uns einen neuen Wagen aussuchen. Vielleicht hat es ja den Vorteil, dass wir mit einem texanischen Nummernschild im konservativen Süden weniger auffallen als mit einem aus einem liberalen Bundesstaat wie Kalifornien …

Der Rest des Tages gehörte Mark G.s Familie, vielen Gesprächen über Gott und die Welt und einem leckeren Abendessen, das uns die typische amerikanische Küche nahegebracht hat – es gab nämlich Truthahn mit Cranberrys, grüne Bohnen, Kartoffelsalat und Gemüse sowie Kürbis-Pie zum Dessert.

Die Gegend um Dallas ist ein ganz anderes Texas als jenes, das wir auf unserer Fahrt hierher durchquert haben. Es ist unglaublich grün – und schwül. Sobald wir aus dem klimatisierten Haus heraustreten, befinden wir uns praktisch in einer Sauna. Im Grunde nicht viel anders als unsere Sommer, auch wenn die Luftfeuchtigkeit hier höher ist. Kein Wunder, dass die Klimaanlage rund um die Uhr läuft.

IMG_6105_smallAls wir uns am späten Vormittag auf den Weg machten, war es bereits drückend schwül und der Himmel bedeckt. Wir waren zum Mittagessen mit einer weiteren Cousine von Mark G. verabredet (sie tauchen ganz plötzlich und an den seltsamsten Orten auf) und trafen uns in einem kleinen koreanischen Restaurant in Irving. Es gab eine verwirrende Vielfalt an Kimchi (traditionell mit Kohl, aber auch mit Rettich und Zucchini), Algen- und Glasnudelsalat, kleine grüne Pfannkuchen und koreanische Eier – und das waren nur die Beilagen, die zu jedem Gericht serviert werden. Außerdem bestellten wir eine leckere Suppe mit Ziegenfleisch sowie Bulgogi und scharfes Hühnchen, die mit weiteren Kleinigkeiten wie Sushi, frittierten Teigtaschen, Salat und Reis serviert wurden. Das mag vielleicht viel klingen (war es auch), aber es waren übersichtliche Portionen und vieles haben wir gar nicht kosten können.

Im Anschluss wollten wir eigentlich eine Bundesdruckerei in Fort Worth besichtigen, wo Dollarscheine hergestellt werden, aber der Verkehr war bereits in der Mittagszeit eine einzige Katastrophe. Sehr bald steckten wir in einem Stau fest, weil es einen Unfall in einer Baustelle gegeben hatte. Sogar die Einsatzfahrzeuge kamen kaum von der Stelle, weil die Amerikaner keine Rettungsgassen bilden können, sondern beim Herannahen eines Polizei- oder Feuerwehrautos nur hektisch den Fahrstreifen wechseln und damit noch mehr Chaos auslösen.

Weil nichts mehr ging, verließen wir die Stadtautobahn und kehrten zum Haus unserer Gastgeber zurück. Unterwegs kamen wir an einer Aldi-Fiale vorbei und konnten nicht widerstehen, sie uns näher anzuschauen. Die Läden sind deutlich anders als ihre deutschen Pendants, auch wenn einige Produkte dieselben sind, die hierzulande unter dem Label „deutsche Küche“ firmieren (darunter Sauerkraut, Pumpernickel und eingelegte Heringe). Daneben findet man Dinge, die man bei uns zu Hause vergeblich suchen würde, etwa für die mexikanisch stämmige Kundschaft Masa Harina, Koriander und Chili Poplano (was ich auch bei uns sehr begrüßen würde) oder für die Amis wahnsinnig viele Sorten Chips und Dips.

Nachmittag und Abend gehörten wieder ganz der Familie, von der es dann schon wieder Abschied zu nehmen galt. Am Mittwoch führt uns unsere Reise dann in den tiefen Süden der USA.

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Mark G. & Pi Jay in La-La-Land 2018 und verschlagwortet mit von Pi Jay. Permanenter Link zum Eintrag.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.