Ghostbusters: Frozen Empire

Als ich über den jüngsten Planet der Affen-Film schrieb und angesichts der vielen Sequels und Prequels von jahrzehntealten Franchises Hollywoods Einfallslosigkeit beklagte, habe ich in meiner Aufzählung zwei Filme nicht berücksichtigt, die ebenfalls in diese Kategorie gehören und bereits unlängst gelaufen sind. Einer davon ist Ghostbusters: Frozen Empire, dessen Vorgänger mir im Kino einigermaßen gefallen hat (ich habe ihm damals eine sehr solide 3+ gegeben), den ich im Nachhinein aber als eher schwach im Gedächtnis behalten habe. Daher war ich sehr auf die Fortsetzung gespannt.

Ghostbusters: Frozen Empire

Familie Spengler ist von Oklahoma nach New York gezogen, in die alte Feuerwache, die einst das Hauptquartier der Ghostbusters war. Winston Zeddemore (Ernie Hudson) sponsert die neue Unterkunft und ermöglicht den Spenglers eine Rückkehr ins Familiengeschäft. Mutter Callie (Carrie Coon) und ihr Freund Gary (Paul Rudd) tragen dabei die Hauptverantwortung, während die Kinder Trevor (Finn Wolfhard) und Phoebe (Mckenna Grace) vor allem die Begeisterung für die Geisterjagd mitbringen. Leider geht dabei so einiges schief, und der Bürgermeister Walter Peck (William Atherton), der schon früher ihren Laden dichtmachen wollte, nutzt die verursachten Schäden als Druckmittel. Vor allem Phoebe ist die Leidtragende, da sie als Minderjährige noch nicht auf Geisterjagd gehen darf und nun von allen Aktivitäten ausgeschlossen wird. Zurückgewiesen und einsam freundet sie sich mit Melody (Emily Alyn Lind) an, dem freundlichen Geist einer jungen Frau, die sich nach ihrer toten Familie sehnt.

Als Ex-Ghostbuster Ray (Dan Aykroyd) von Nadeem (Kumail Nanjiani) ein uraltes Artefakt erwirbt, stellt er fest, dass es mit ungeheuren Mengen an Energie aufgeladen ist und vermutlich als Gefängnis für ein mächtiges Wesen dient. Zusammen mit den anderen Ghostbustern, dem alten und dem neuen Team, macht er sich daran, mehr darüber zu erfahren.

Die Geschichte beginnt vielversprechend mit einem Vorspiel in einem Club für wohlhabende Abenteurer und Pseudo-Wissenschaftler um das Jahr 1900 herum, das einen kleinen Vorgeschmack auf das ungeheure Bedrohungspotential des paranormalen Gegenspielers gibt, gefolgt von einer turbulenten Geisterhatz mitten im heutigen New York, mit einer rasanten Verfolgungsjagd, witzigem Geplänkel und einer Prise Spannung. Anschließend erfährt man, was sich für die Hauptfiguren in den letzten Jahren alles verändert hat, vor allem aber, dass Gary mit seiner neuen Rolle als Stiefvater hadert, die nicht offiziell festgeschrieben ist. Wer nun aber erwartet, dass es um seine Beziehung zu Callie geht, um eine romantische Weiterentwicklung oder gar Hochzeit, dürfte enttäuscht werden. Ghostbusters: Frozen Empire ist immer noch weitgehend ein Kids Movie.

Früher waren solche Filme immer dergestalt ausgelegt, dass auch ein erwachsenes Publikum sich in den Figuren wiederfinden konnte, die ja selbst meist schon im fortgeschrittenen Alter (also ihren Dreißigern) waren. Heute dreht sich alles nur um die Teenager mit ihren Problemen, die eher mit den Erwartungen der Erwachsenen an sie zu tun haben. Phoebe will als junge Frau und aufstrebende Wissenschaftlerin ernstgenommen werden, wird aber als Kind behandelt und von allem ausgeschlossen, was ihr Spaß macht. Sie fühlt sich etwas verloren, was man gut nachvollziehen kann, zumal die Familie gerade erst nach New York gezogen ist. Aber so richtig geht das Drehbuch nicht auf ihre Sorgen ein. Ihr Bruder hingegen scheint sich dagegen problemlos eingelebt zu haben, geht voll im Familiengeschäft auf und denkt nicht einmal an Studium oder Privatleben. Auch das wird nicht weiter vertieft, geschweige denn zu einem Konflikt verarbeitet.

Die Figuren wirken alle seltsam losgelöst von der Welt, als hätte ihre Profession alles Private verschlungen und nicht einmal Platz für Träume oder Ambitionen gelassen. Im Vorgängerfilm gingen die Kinder noch zur Schule, plagte sich Callie mit Geldsorgen und Gary mit seinem Lehrerjob, nun sind sie alle Geisterjäger und haben außerhalb ihrer kleinen Welt keine Freunde oder Verpflichtungen. Das macht sie insgesamt weniger interessant, was die Drehbuchautoren Jason Reitman und Gil Kenan, der auch Regie geführt hat, auch nicht durch ein spannendes Familiendrama wettmachen können, denn auf ein solches verzichten sie ebenfalls.

Das wäre nicht weiter schlimm, wären wenigstens die beruflichen Abenteuer der Geisterjäger richtig spannend. Aber nach der flotten Verfolgungsjagd zu Beginn lässt das Tempo leider nach, und die Handlung plätschert belanglos vor sich hin. Es werden neue Geräte eingeführt, was den alten Ghostbustern zu verdanken ist, die inzwischen zu Geld gekommen sind und in einer neuen Zentrale in teure High-Tech-Geräte investieren. Das könnte cool sein und in Richtung von Men in Black gehen, sieht aber nicht wesentlich besser aus als das alte Equipment. Und weil man nicht nur alten, weißen Männern beim Heimwerken zusehen möchte, dürfen die Sidekicks aus dem Vorgängerfilm bei ihnen ein Praktikum machen, mit einem lächerlichen Hammer besessene Gegenstände zertrümmern oder sie in einem gigantischen Vakuumsauger exorzieren, was leider auch nicht spannender ist, als Dan Aykroyds esoterischem Geschwafel in seiner Webserie zu lauschen.

Um den Nostalgiefaktor zu bedienen, sind diese Auftritte der ursprünglichen Ghostbuster nett und zielführend, nur wäre es schön gewesen, hätten die Autoren ihnen auch eine richtige Aufgabe oder wenigstens ein paar humorvolle Oneliner oder Auftritte geschrieben. So geistern Annie Potts und Bill Murray immer wieder durch die Handlung, ohne dass man sagen könnte, warum sie eigentlich dort sind. Im Grunde stehen sich die knapp ein Dutzend Geisterjäger nur gegenseitig im Weg, und weil sie alle nur durch ihre berufliche Aufgabe miteinander verbunden sind, bleibt kein Platz für irgendetwas anderes, nicht einmal für vertiefte Beziehungen.

Bis die Haupthandlung endlich in die Gänge kommt, vergeht sehr viel Zeit, und wer gedacht hätte, dass der geheimnisvolle Wintereinbruch mitten im Sommer, mit aus dem Boden schießenden Eiszapfen und Todeskälte, den man so oft im Trailer gesehen hat, der Auftakt der Geschichte ist, irrt gewaltig. Es ist der Showdown, von dem man noch dazu das Beste bereits gesehen hat. Zwar ist das Finale nicht unspannend, aber doch irgendwie die Sparversion dessen, was man sich erhofft hatte.

Der Film ist nicht schlecht, die Story wird solide aufgebaut und erzählt, es gibt zumindest angedeutete Konflikte, die zufriedenstellend aufgelöst werden, Aufgaben, die erfüllt, und Herausforderungen, die gemeistert werden müssen. Auch ihr dämonischer Gegner ist akzeptabel, wenn auch kein bisschen originell, sondern einfach nur ein Aufguss des letzten Teils, der bereits schon ein Aufguss des Originalfilms war. Und mit den besessenen Marshmallowmännchen sowie der alten Garde gibt es einen netten Nostalgiefaktor. Aber all diese an sich guten Zutaten, die mit einem einfachen, aber soliden Rezept zusammengerührt werden, ergeben am Ende kein schmackhaftes Gericht. Das Ganze wirkt fade und ein bisschen lieblos, als hätte man dem Film seine Seele ausgesaugt.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.