Früher war es völlig normal, einen epischen Stoff auf mehrere Filme aufzuteilen, irgendwann ist das dann schließlich aus der Mode geraten, um nun wieder aufgegriffen zu werden. Was u.a. Tom Cruise mit seinem jüngsten Mission Impossible-Abenteuer recht ist, kann den Franzosen nur billig sein. Fairerweise muss man jedoch sagen, dass der erste Teil der Romantrilogie von Dumas eine so ausufernde Handlung besitzt, dass man sie unmöglich in einen Film packen kann.
Der zweite Teil setzt genau da an, wo der erste aufgehört hat, und weil nicht jeder, so wie ich, die Filme innerhalb einer Woche anschauen kann, gibt es zu Beginn eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse. Und wer es nicht weiß oder schon wieder vergessen hat: Es gibt noch zwei weitere Romane über die Musketiere. Der zweite Teil, der zwanzig Jahre später spielt, wurde allerdings sehr viel seltener verfilmt, der dritte dagegen mehrfach unter dem Titel Der Mann mit der eisernen Maske.
Die drei Musketiere: Milady
D’Artagnon (François Civil) wird zusammen mit seiner Herzensdame Constance (Lyna Khoudri) entführt, kann sich aber befreien und fliehen. Dabei trifft er auf die rätselhafte Milady de Winter (Eva Green), die sich nach ihrer letzten kämpferischen Begegnung von einer Klippe gestürzt und die er für tot gehalten hatte. Zusammen decken sie eine Verschwörung gegen den König auf, doch Milady arbeitet nach wie vor für Kardinal Richelieu (Éric Ruf) und setzt sich ab. Als der König einen Angriff auf die protestantische Hochburg La Rochelle befiehlt, kreuzen sich ihre Wege jedoch erneut.
Die schöne, skrupellose und gefährliche Milady de Winter ist neben ihrem Förderer Richelieu die große Gegenspielerin der Musketiere im Roman, bekommt im Drehbuch von Alexandre de La Patellière und Matthieu Delaporte jedoch eine neue Geschichte und erscheint nun als Frau, der von den Männern in ihrem Leben übel mitgespielt wurde. Darunter ist auch Arthos (Vincent Cassel), der die Mutter seines Kindes einst an den Galgen gebracht hat. Doch Milady ist wie eine Katze und hat viele Leben, und irgendwie gelingt es ihr stets, dem Henker zu entkommen. Es ist quasi ihr Markenzeichen.
Tatsächlich ist diese Freiheit, die sich die Autoren genommen haben, der einzige gute Einfall und schafft mit Milady ein weibliches Gegengewicht zum Chauvinismus Dumas‘. Das ist auch bitter nötig bei all den Haudegen und forschen Schwertschwingern, die zuerst handeln und dann denken. Vor allem D’Artagnan wirkt immer noch wie ein ungestümer Welpe und hat trotz seiner Abenteuer und Gefahren nichts dazugelernt. Es gibt leider bei keinem der Musketiere eine nennenswerte charakterliche Entwicklung, die Figuren sind vollkommen statisch und damit leider langweilig.
Abgesehen von D’Artagnan, der auf einer Rettungsmission ist, haben die Musketiere ohnehin kaum etwas zu tun. Es gibt noch einen Nebenplot um Aramis‘ (Romain Duris) schwangere Schwester, die am Ende Porthos (Pio Marmaï) ehelicht, und ein paar Kampfeinsätze, doch weitgehend gehört die Geschichte D’Artagnan und Milady.
Ging es im ersten Teil mit der Wiederbeschaffung der Halskette der Königin noch um einen konkreten Auftrag, bleibt diesmal alles etwas diffus. Es gibt natürlich weiterhin jede Menge Intrigen und Verrat am König, nur versteht man die Hintergründe nicht, weil die Motive der Verräter im Dunkeln bleiben und die meisten sich zum Verwechseln ähnlich sehen. Der Konflikt zwischen den katholischen Adeligen und den protestantischen Rebellen spielt auch nur noch im Hintergrund eine Rolle, scheint aber mit den Intrigen am Hof nicht viel zu tun zu haben. Die Engländer mischen auch noch mit, weshalb sich der Plot schließlich auf die britische Insel verlagert, aber alles bleibt eher vage und – wie auch die aus dem Hut gezauberte Auflösung – spekulativ.
Weil die Ränke undurchschaubar, die politische Lage diffus und die Gegenspieler weitgehend passiv bleiben, ergibt sich daraus keine spannende Geschichte. Gäbe es nicht den Konflikt mit Milady, wüsste man über weite Strecken nicht, wer gegen wen kämpft. Tatsächlich ist es einem irgendwann auch egal. Man schaut sich die Verfolgungsjagden zu Pferde an, von denen es allerdings weniger gibt als im ersten Teil, die Schwertkämpfe und Fluchten der Figuren, die ebenfalls mit weniger spektakulären Stunts garniert sind, und freut sich ansonsten, dass die Laufzeit wesentlich kürzer ist. Selbst die großen emotionalen Momente verpuffen, weil man den Figuren nie wirklich nahekommt und einem ihr Schicksal vollkommen egal ist. Ob eine Figur auf tragische Weise ums Leben kommt, ein gerissener Verräter enttarnt wird oder den Musketiere ein triumphaler Empfang bereitet wird, jegliche Emotion ist nur eine Behauptung, die in keiner Weise nachvollziehbar ist. Und das ist für einen Film eine Katastrophe.
Der erste Teil war schon relativ uninspiriert und überflüssig, besaß aber immerhin einige Schauwerte und gute Actionszenen, durch die man über weite Strecken bei der Stange blieb. In der Fortsetzung scheinen sogar die Regie und die Darsteller jede Lust verloren zu haben, das Ganze ist ein hohles Schauspiel ohne Emotion und Spannung, hübsch bebildert immerhin und mit einer toll agierenden Eva Green. Dass der zweite Teil mit einem ähnlichen Cliffhanger endet wie sein Vorgänger, scheint ein Hinweis auf die Ambitionen der Macher zu sein, einen dritten Teil zu drehen. Damit sollte man eher nicht rechnen.
Note: 4