The Sound of Trapp

Diese Woche startet Die Trapp Familie – Ein Leben für die Musik und ich vermute, dass 99 % der heutigen Kinobesucher nicht wissen, dass es sich um eine Neuverfilmung einer der unglaublichsten Box Office Geschichten aller Zeiten handelt…

Als Ilse Kubaschewski die Rechte an der Lebensgeschichte der Baronin Maria von Trapp erwarb, bewies sie ein weiteres Mal, dass sie ein Gespür dafür hatte, was die Kinobesucher der 50er Jahre sehen wollten. Mit ihrem Gloria-Filmverleih erzielte sie schon zuvor Riesenerfolge mit Heimatfilmen wie Schwarzwaldmädel (1950, 16 Mio. Besucher) und Grün ist die Heide (1951, 19 Mio. Besucher), doch mit Die Trapp Familie sollte sie den Vogel abschießen…

Der für 1.315.116 DM (€672.408) produzierte Film brach alle Rekorde, die es im Nachkriegsdeutschland zu brechen gab. Allein im eigenen Gloria Kino am Münchner Stachus wurden vom 23. Oktober 1956 bis zum 1. April 1957 366.371 Besucher gezählt (das sind im Schnitt 15.929 Besucher pro Woche!). Insgesamt sahen den Ruth Leuwerik-Film fast 27 Mio. Besucher in Deutschland.

Auch im Ausland wurde der Film zum Erfolg, so gab es aus Frankreich 2,85 Mio. Besucher zu melden und selbst in den USA wurde The Trapp Family 1961 im Kino gestartet. Und so ist es kein Wunder, dass Ilse Kubaschewski bald eine Fortsetzung in Auftrag gab.

Doch Die Trapp-Familie in Amerika konnte den Megaerfolg des Vorgängers mit etwa 8 Mio. Besuchern nicht wiederholen. In Frankreich sahen das Sequel immerhin noch 1,6 Mio. Besucher.

Der riesige Erfolg blieb in Amerika nicht unbemerkt und nach Sicht der Filme meinten Bühnenregisseur Vincent J. Donehue und der Produzent Leland Hayward, dass dies ein idealer Stoff für den Broadway-Star Mary Martin wäre. Doch um mit der Arbeit beginnen zu können, brauchten sie nicht nur die Rechte an der Lebensgeschichte der Baronin, sondern auch noch die Rechte an der Verfilmung.

Und so unterbreiteten sie Ilse Kubaschewski ein verlockendes Angebot. Sie boten ihr einen Festpreis von $40.000 (damals aufgrund des Wechselkurses eine unglaublich hohe Summe, die dazu noch völlig risikofrei zu Buche schlagen würde) oder eine prozentuale Beteiligung an den Einnahmen.

Ein weiteres Mal bewies die Kubaschweski ihr gutes Näschen. Obwohl ihre Berater ihr zu der risikofreien Variante rieten, entschied sie sich für die Beteiligung. Von nun an sollte sie 0,5 % an den Einnahmen der Bühnenfassung und 1,5 % der Einspielergebnisse einer möglichen Verfilmung bekommen.

Das Bühnenstück wurde dann ein mitreißendes Musical mit Musik des Erfolgsduos Rodgers/Hammerstein und ein Riesenhit. Allein am Broadway kam die Show im ersten Run auf 1.443 Vorstellungen (vom 16. November 1959 bis zum 15. Juni 1963), die Londoner West End-Fassung brachte es sogar auf 2.385 Darbietungen.

Als Ilse Kubaschweski die Rechte an die USA verkaufte, musste sie aber auch ein paar Kröten schlucken.

  • Kröte Nr. 1: Sie durfte keinerlei Fortsetzung mehr produzieren. Da der zweite Film deutlich unter dem Original lag, konnte sie dies sicherlich verschmerzen, ein dritter Film hätte sowieso noch weiter absinken können.
  • Kröte Nr. 2: Sie durfte die beiden Filme nie wieder in den Kinos zeigen. Aber auch dies war zu verkraften, schließlich hatten ja schon knapp 27 Mio. Besucher den ersten Film gesehen und der Geschmack der Deutschen hatte sich Anfang der 60er Jahre deutlich geändert (nun regierten Karl May-Verfilmungen das Box Office und auch da mischte Ilse Kubaschweski mit).

Doch versüßt wurde das Ganze mit dieser Zahl: Allein bis zum 22. Oktober 1973 brachten die Einnahmen aus dem Musical $1.483.539 bzw. 5.804.376 DM (=€2.967.730). Zur Erinnerung: Der Festpreis lag bei $40.000…

Und weiter geht es in der Erfolgsstory: Ein Broadway-Erfolg wie der von The Sound of Music zieht natürlich eine Verfilmung nach sich. Und die hatte es in sich…

Robert Wise bekam ein äußerst üppiges Budget von $8 Mio. und verfilmte das Musical mit Julie Andrews und Christopher Plummer in den Hauptrollen auch an Originalschauplätzen in Österreich. Die Premiere am 2. März 1965 entwickelte sich zum Triumph. The Sound of Music löste Vom Winde verweht (vorübergehend) als umsatzstärksten Film aller Zeiten ab, allein die Erstaufführung brachte in den USA $130 Mio. eine Wiederaufführung 1973 schraubte das Gesamteinspiel auf $163 Mio. hoch. Auch in Großbritannien wurde das Musical zum erfolgreichsten Film aller Zeiten, genauso wie in 28 weiteren Ländern (in Frankreich gab es „nur“ 2,2 Mio. Besucher). Dem finanziellen Erfolg folgten dann noch zehn Oscar-Nominierungen und fünf Oscars inklusive Bester Film.

Auch in Deutschland waren amerikanische Musicals inzwischen erfolgreich. Sowohl My Fair Lady (23.12.1964) als auch Mary Poppins (22.10.1965) wurden bei uns zu Blockbustern und so freute sich 20th Century Fox auf den deutschen Start am 25. Dezember 1965. Unter dem deutschen Titel Meine Lieder – meine Träume feierte The Sound of Music Premiere und stieß auf völliges Desinteresse von Seiten der Deutschen (und Österreicher). Der Einsatz des Films verlief so desaströs, dass Fox mit den Verleiheinnahmen von 94.526 DM (€48.330) nicht einmal die Kopienkosten (darunter zwei sündhaft teure 70mm Kopien) decken konnte. Und auch eine Wiederaufführung im September 1974 (42.082 DM Verleiheinnahmen) konnte nichts mehr daran ändern, dass der in 30 Ländern erfolgreichste Film aller Zeiten ausgerechnet in Deutschland zu einem der größten Flops aller Zeiten wurde.

Irgendwie hat es dann Ilse Kubaschewski doch noch geschafft, die Rechte für eine Wiederaufführung von Die Trapp Familie zurück zu bekommen, doch der Wiedereinsatz in 1984/85 brachte lediglich 41.777 Besucher.

Und diesen Donnerstag beginnt ein neues Kapitel in der Trapp-Saga, das übrigens auf den Memoiren der ältesten Tochter basiert…

Bei dieser Gelegenheit bedanke ich mich bei der Ilse Kubaschewski Stiftung und dem Bayerischen Wirtschaftsarchiv, die mir die Recherche im Archiv des Gloria Filmverleihs ermöglichten (viele der hier aufgeführten Zahlen sind Früchte dieser Recherche).