Ghost in the Shell

Das Original ist mir während des Studiums begegnet und wurde vor allem von den Animationsstudenten bewundert. Ich kann mich erinnern, dass ich einige Ausschnitte daraus gesehen habe, der Film mich damals aber nicht sonderlich interessiert hat, weil ich ganz grundsätzlich kein großer Fan von Animes bin. Als vor einigen Monaten der Trailer zu der Realverfilmung herauskam, gefiel mir jedoch der kühle, an bekannte Vorbilder erinnernde Look, außerdem sah die Action vielversprechend aus, und wenn dann noch Scarlett Johansson die Hauptrolle spielt, kann doch eigentlich gar nichts mehr schiefgehen. Oder?

Ghost in the Shell

In der Zukunft ist die Wissenschaft so weit fortgeschritten, dass die Menschen Körperteile durch synthetische Prothesen ersetzen können, um so ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Führend in der Robotertechnologie ist der Hanka-Konzern, der eines Tages ein gewagtes Experiment durchführt, indem er das Gehirn einer jungen Frau in den Körper eines Androiden verpflanzt. Von da an führt Major (Scarlett Johansson) eine Eliteeinheit der Polizei an, die eines Tages auf einen geheimnisvollen Mörder namens Kuze (Michael Pitt) stößt, der es auf Führungskräfte von Hanka abgesehen hat. Die Jagd nach ihm ist schwierig und voller Gefahren, denn Kuze scheint über nahezu dieselben Kräfte wie Major zu verfügen …

Es gibt Filme, die möchte man mögen. Der Trailer ist gut, man mag die Schauspieler, das Setting ist faszinierend und der Look gelungen, und doch will es einfach nicht klick machen. Ghost in the Shell ist ein solcher Film. Dabei ist er nicht schlecht, die Geschichte funktioniert ohne größere Logikschwächen, die Figuren sind weitgehend sympathisch, er hat spannende Szenen und solide Action, aber …

Liegt es daran, dass er nicht originell genug ist? Bei einem Remake kann man natürlich per se nicht davon ausgehen, aber da ich das Original nicht kenne, stört mich das nicht. Sicher, die Geschichte ist formelhaft und sehr vorhersehbar, schon nach zwanzig Minuten weiß man, wie sich alles entwickeln wird, und bis zum Showdown gibt es dann nicht eine einzige Überraschung. Aber das sind viele andere Filme auch, und sie machen dennoch Spaß.

Dass der Look stark an andere Filme wie The Blade Runner erinnert, fällt ebenfalls nicht weiter ins Gewicht, da er in sich stimmig ist. Wie auf einem Wimmelbild gibt es ständig Neues zu entdecken, auch wenn das meiste davon Werbung ist, aber diese Detailverliebtheit ist auf jeden Fall ein Pluspunkt. Okay, die Zukunft sieht ziemlich schmuddelig aus, die Autos sind hässlich, und man fragt sich unwillkürlich, warum die Straßen in diesen endlosen Hochhausschluchten so leer sind und die Menschen in höhlenartigen Wohnungen leben, aber das sind nur Details.

Ist die Story vielleicht zu kompliziert? Wenn ein Film mit einer Schrifttafel beginnt, auf der erst einmal wichtige Punkte zur Technologie erklärt werden müssen, kann man davon ausgehen, dass man auch im weiteren Verlauf höllisch aufpassen muss, wenn man nicht den Faden verlieren will. Zum Glück schaffen es die Autoren, den Sachverhalt leicht verständlich zu erklären, und hier ist es eindeutig von Vorteil, dass dies nicht die erste Geschichte dieser Art ist …

Auch Regisseur Rupert Sanders hat vieles richtig gemacht. Man folgt ihm und Major sehr gerne in diesen seltsamen Kosmos, in dem Gehirne gehackt werden können wie Computer, und der freie Wille ebenso eine Illusion ist wie die Realität. Alles verwandelt sich in ein virtuelles Rauschen, alle Grenzen lösen sich auf, das sind spannende Themen, die Sanders auf kühle Weise bebildert. Das könnte manchmal mehr Tempo haben, mehr Leidenschaft oder Raffinesse, ist alles in allem aber gelungen.

Und doch will der Funke einfach nicht überspringen. Vielleicht liegt es daran, dass der Film meine Erwartungshaltung nicht erfüllen konnte, vielleicht ist es einfach die Summe dieser vielen kleinen Schwächen, die für sich genommen nicht weiter schlimm sind, in ihrer Gesamtheit aber dann doch ins Gewicht fallen. Vielleicht ist der Film auch einfach nur zu kühl und emotionslos.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.