Die Schöne und das Biest

Morgen ist der längste Tag des Jahres, und danach – ein deprimierender Gedanke – beginnt schon wieder unsere lange Reise in die Dunkelheit. Aber noch ist ja Sommer, sind die Abende lau und die Nächte kurz. Genießen wir das schöne Wetter und die Jahreszeit solange es andauert.

Den richtigen Film für einen solchen Sommerabend, wenn man nicht im Garten sitzen und den Grillen lauschen oder dem Verglimmen der Grillglut zuschauen möchte, habe ich auch im Angebot:

Die Schöne und das Biest

Es war einmal ein reicher Kaufmann (André Dussollier), der sein gesamtes Vermögen verlor und mit seinen sechs Kindern aufs Land ziehen musste. Als er sich eines Tages verirrt, gelangt er zu einem verwunschenen Schloss, wo er zahlreiche Schätze findet. Doch erst das Pflücken einer Rose bringt ihn in arge Bedrängnis, denn der Schlossherr (Vincent Cassel), ein löwenähnliches Monster, verlangt dafür seinen Tod, erlaubt ihm aber, sich zuvor von seiner Familie zu verabschieden. Da die Rose für seine Tochter Belle (Léa Seydoux) bestimmt war und sie sich verantwortlich fühlt, begibt sie sich an Stelle ihres Vaters auf das Schloss. Mit der Zeit gewinnt sie das Monster sogar lieb, doch dunkle Mächte bedrohen sie …

Das französische Märchen zählt zu den beliebtesten Geschichten dieser Art und wurde schon unzählige Male verfilmt. In dem Film von 2014 von Christophe Gans orientiert sich die Story sehr an der ersten, schriftlichen Version aus dem 18. Jahrhundert, mischt aber noch andere Motive darunter. So erfährt Belle etwa im Laufe der Zeit, dass die Bestie ein verzauberter Prinz ist, der eine große Schuld auf sich geladen hat, was ihre Gefühle für ihn maßgeblich beeinflusst. Es wird also ein Märchen innerhalb eines Märchens erzählt, und das Ganze ist noch in eine Rahmenhandlung gebettet, in der eine Mutter ihren Kindern eine Geschichte vorliest …

Bei all diesen verschachtelten Erzählungen gerät die Haupthandlung ein wenig ins Hintertreffen. Belle verhält sich die ganze Zeit über reichlich passiv, streift nur durchs Schloss und trifft sich mit der Bestie zum Essen und einmal zum Tanz. Erst gegen Ende, wenn es noch einmal richtig dramatisch wird, weil zwei ihrer Brüder einen Gauner, bei dem sie hoch verschuldet sind, ins Schloss bringt, um es zu plündern, wird es spannend.

Das große Pfund, mit dem der Film wuchern kann, sind die traumhaft schönen und detailverliebten Bilder. Von Anfang an wird man mit auf eine fantastische Reise genommen, in der es verzauberte Prinzen, Waldnymphen und verwunschene Riesen aus Stein gibt, aber auch seltsame Wesen, die einmal eine Meute Beagle gewesen sind und jetzt so aussehen, als hätte man sie mit einer Fledermaus gekreuzt. Ein bisschen wirken sie in ihrer Tapsigkeit und mit den großen Augen ja so, als hätten sie sich aus einem Disney-Film verlaufen …

Apropos Disney: Ursprünglich hatte ich mir auch die Realverfilmung des Musicals anschauen und die Filme nebeneinanderstellen wollen. Aber da ich kein großer Musicalfan bin, habe ich den Kinobesuch immer wieder aufgeschoben, bis es schließlich zu spät war. Aber wenn – falls – ich mal in der richtigen Stimmung dafür bin, hole ich den Film sicher nach.

Insgesamt eine opulente, aber über weite Strecken etwas ereignislose Märchenverfilmung. Ideal für verregnete Nachmittage oder laue Sommernächte.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.