Was diese Frau so alles treibt

Ich bin momentan ein wenig auf dem Nostalgietrip. Das hat sowohl damit zu tun, dass ich, wie ich bereits erwähnte, gerade meine Festplatte aufräume und verstärkt Filme anschaue, die schon (viel zu) lange dort schlummern, als auch mit dem Wunsch, Filme, die ich früher mochte, noch einmal anzusehen. Auch wenn wir mit einer Vielzahl an neuen Produktionen überschwemmt werden, möchte man sich hin und wieder dem Altbewährten widmen. Dazu gehören für mich auch die herrlich harmlosen Komödien mit Doris Day …

Was diese Frau so alles treibt

Beverly (Doris Day) ist Mutter zweier kleiner Kinder und Gattin des Gynäkologen Dr. Gerald Boyer (James Garner). Als dieser von einer dankbaren Patientin und ihrem Mann (Arlene Francis und Edward Andrews) zu einem formellen Abendessen eingeladen wird, erzählt Beverly dort die Geschichte, wie sie ihre widerspenstige Tochter, die sich nicht die Haare waschen lassen wollte, mit der duftenden neuen Happy-Seife zur Räson gebracht hat. Zufälligerweise ist der Seifenhersteller der Herr des Hauses und macht Beverly zu seinem neuen Werbeaushängeschild – mit unerwarteten Folgen …

Doris Day haftet seit jeher ein Saubermann-Image an, für das sich jede heutige Schauspielerin beinahe schämen würde. Aber in den 1950er Jahren war sie die perfekte Verkörperung des amerikanischen Ideals der treusorgenden Ehefrau und Mutter, die antiseptische Traumfrau der Eisenhower-Ära, deren verruchtes Pendant Marilyn Monroe war. Und niemand – mit Ausnahme von Sally Field vielleicht – schafft es, so herrlich hilflos dem hereinbrechenden Chaos zu begegnen, sei es in Form männlicher Avancen oder der Tücken des Alltags. Die entsetzt aufgerissenen Augen gehören ebenso zu ihr wie ihr mädchenhaftes Lächeln. Man muss sie einfach lieben.

Von all ihren Filmen hat mir Was diese Frau so alles treibt stets am besten gefallen, vielleicht weil Beverly so typisch amerikanisch ist, weil Drehbuchautor Carl Reiner und Regisseur Norman Jewison so perfekt eine Fish out of Water-Story erzählen, in der der amerikanische Traum sich in eine Farce verwandelt, oder weil es einfach so viele ungemein komische Szenen gibt, die sowohl Situations- als auch Wortwitz beinhalten.

Sicher, auch dieser Film hat nach fast sechzig Jahren einige Längen, und unter heutigen emanzipatorischen Gesichtspunkten ist er eine einzige Katastrophe. Der Platz einer Frau, so wird uns Zuschauern immer wieder eingetrichtert, ist zu Hause bei den Kindern, denn „es gibt für eine Frau nichts Erfüllenderes, als Mutter zu sein“. Dabei thematisieren Reiner und Jewison durchaus den Berufswunsch der Frau, die mehr sein möchte als nur ein reizendes Anhängsel. Beverly ist an sich zwar nicht unzufrieden mit ihrem Leben, spürt aber dennoch, dass es mehr geben muss, als die Kinder zu versorgen und das Haus in Ordnung zu halten. Und auch die Herstellung von Tomatenketchup (Loriots Jodeldiplom lässt grüßen) ist kein erfüllendes Hobby, mag Beverlys Mann auch das Gegenteil behaupten.

Doch den Spagat zwischen Küche und Fernsehstudio bekommt sie nicht hin. Beverly ist zu ehrlich für die zynische Welt der Werbung, und die Macher sparen hier nicht mit bissigen Kommentaren zum Schund der Seifenopernprogramme, die damals tatsächlich noch von Seifenherstellern produziert wurden. Beverly ist erfrischend anders, aufrichtig – und wird gerade deshalb zum Star. Heute würde vermutlich schon ein gelungenes YouTube-Video ausreichen oder ein erfolgreicher Blog oder Instagram-Account …

Am schlechtesten kommt dabei ihr Mann weg, der es nicht erträgt, dass seine Frau plötzlich mehr Geld verdient als er und von den Menschen angehimmelt wird. Eine Ehefrau hat eine persönliche Göttin zu sein, die keine anderen Anhänger neben ihm haben darf. Ihr Ruhm greift seine Männlichkeit an, und da er Arzt ist, steht er moralisch und gesellschaftlich natürlich weit über ihrer letztlich hohlen Existenz als Star einer Werbesendung. Das sieht auch Beverly am Ende ein, nachdem sie Angst hatte, ihren Mann an eine andere zu verlieren, und sie Gerald bei einer dramatischen Geburt assistieren durfte. So etwas rückt die Perspektive im Leben zurecht. Zumindest 1963.

Einige Jahre später wäre ein solcher Film wohl nicht mehr möglich gewesen, denn die Zeiten änderten sich, und der Typus der braven Hausfrau geriet aus der Mode. Doris Day hat noch ein paar weitere Filme gedreht, darunter die charmante Verwechslungskomödie Spion in Spitzenhöschen, bevor sie schließlich 1968 ihre Filmkarriere an den Nagel hängte, ein paar Jahre noch regelmäßig im Fernsehen auftrat und sich seither dem Tierwohl verschrieben hat. Anfang April wurde sie 97.

Wer wie ich den Niedergang der Komödie beklagt und sich mal wieder köstlich amüsieren möchte, dem seien Doris Days Filme wärmstens empfohlen. Sie lohnen sich auch heute noch und laufen immer wieder im Fernsehen.

Note: 2

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.