Die Geldwäscherei

Über Geld redet man bekanntlich nicht. Steven Soderbergh hat nun aber einen Film darüber gedreht und redet eine Menge über Geld bzw. er lässt reden. So war es vor allem die Besetzung, die mich neugierig gemacht hat, mir den Netflix-Film anzusehen.

Die Geldwäscherei

Als ihr Mann Joe (James Cromwell) bei einem Bootsunglück ums Leben kommt, muss Ellen Martin (Meryl Streep) bald feststellen, dass sich die Versicherung des Betreibers weitgehend aus der Verantwortung stiehlt. Möglich ist dies, weil die Firma, bei der einer der Organisatoren des Ausflugs (David Schwimmer) die Versicherung gekauft hat, einer anderen Firma gehört, die wiederum Teil eines Firmenkonglomerats ist, das verworrener ist als der Gordische Knoten. Weitere Recherchen führen Ellen schließlich über eine karibische Steueroase zu der Anwaltsfirma Mossack Fonseca in Panama …

Mein BWL-Lehrer neigte zu griffigen Erklärungen und Definitionen. Im Kapitalismus, sagte er stets, geht es nur um eines: Wie kommt dein Geld in meine Tasche? Steven Soderbergh geht gleich zu Beginn sogar noch einen Schritt zurück und lässt Jürgen Mossack (Gary Oldman) und Ramón Fonseca (Antonio Banderas) erst einmal erklären, was Geld überhaupt ist, bevor sie dann den restlichen Film über wie Conférenciers durch eine bunte Nummernrevue führen und uns die Mechanismen der internationalen Finanz- und Steuerpolitik nahebringen.

Dieser recht dröge Stoff wird dabei beinahe so anschaulich und locker präsentiert wie in The Big Short. In dem Film von Adam McKay von 2016 ging es um die große Finanzkrise, die ab 2007 die Welt in Atem hielt und die im Kern nichts weniger war als ein gigantisches Betrugsmanöver. Allerdings, und hier gibt es Gemeinsamkeiten zu dem Skandal der Panama Papers, haben die Verantwortlichen nicht ausschließlich etwas Illegales getan. Die Gründung von Off-Shore-Konten, Briefkastenfirmen und Trust verstößt nicht gegen das Gesetz, was Mossack und Fonseca nicht müde werden zu betonen, illegal ist in manchen Fällen jedoch der Ursprung des Reichtums und natürlich die Tatsache, dass auf diese Weise Geldwäsche betrieben werden kann.

Deshalb belässt es Soderbergh auch nicht bei dem Betrugsfall, dem Ellen Martin zum Opfer fällt, die bald darauf von der Bildfläche verschwindet und anderen Personen Platz macht. So sehen wir, wie ein dubioser Afrikaner namens Charles (Nonso Anozie) Frau und Tochter betrügt und ein ebenso zwielichtiger Brite (Matthias Schoenaerts) die Frau eines Mitglieds der chinesischen Parteiführung zur Geldwäsche erpresst. In beiden Fällen hat Mossack Fonseca die Hände im Spiel. Die Anwälte gründen Tausende von Scheinfirmen, um Drogenschmuggel, Geldwäsche, Bestechung und andere kriminelle Machenschaften zu ermöglichen.

Der Titel Die Geldwäscherei (The Laundromat) ist also nicht wirklich zutreffend, aber auch nicht gänzlich falsch. Das Drehbuch von Scott Z. Burns basiert auf dem Sachbuch des Investigativ-Journalisten Jake Bernstein mit dem Titel Secrecy World: Inside the Panama Papers Investigation of Illicit Money Networks and the Global Elite, der zugegebenermaßen etwas zu lang gewesen wäre, aber treffender beschreibt, worum es in dem Skandal wirklich ging, nämlich die diversen Praktiken zur Steuervermeidung. Dass viele Konzerne und auch reiche Privatpersonen vergleichsweise wenige oder sogar gar keine Steuern zahlen, ist es, was auch Meryl Streep am Ende aufregt, wenn sie ihre Maske (sie spielt in einer Doppelrolle eine Angestellte von Mossack Fonseca) fallen lässt und die Welt aufruft, etwas gegen diese legalen Schlupflöcher zu unternehmen. Dumm nur, dass auch einige Politiker durch die Panama Papers zu Fall kamen und sich seither eigentlich nichts geändert hat.

Aber wie ist nun der Film? Die Antwort ist: Es ist ein typischer Soderbergh. Toll besetzt und gespielt, mit ein, zwei wirklich komischen Momenten, aber eben auch ein kalter Film. Soderbergh war noch nie gut darin, Emotionen zu vermitteln, und deshalb läuft sein Appel auch leidenschaftslos, aber gut gemeint ins Leere. Statt am Ende wütend zu sein oder sich Occupy Wall Street anzuschließen (gibt’s die überhaupt noch?), lehnt man sich nur zurück und sagt mit einem Seufzer: Ja, so ist die Welt eben. Da hilft auch Meryl Streeps Appell herzlich wenig.

Was es mit den Panama Papers auf sich hat, erfährt man übrigens auch nicht oder allenfalls ganz am Ende so nebenbei. Vielleicht wäre es die interessantere Geschichte gewesen. Was Soderbergh uns vorsetzt, sind nur ein paar halbwegs gelungene Episoden und ein paar Erklärungen zu den Tricks der internationalen Finanzwelt. Da hätte man durchaus etwas mehr erwarten können.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.