Crawl

Es ist immer schön, wenn es eine Art roten Faden in den Beiträgen einer Woche gibt. Nach zwei älteren Filmen hätte ein dritter Beitrag mit Nostalgie-Faktor gut gepasst, aber leider hatte ich keinen mehr auf Lager. Dafür habe ich bei Amazon Prime einen weiteren Actionfilm gesehen, so dass ich sagen kann, alle Beiträge in dieser Woche haben etwas mit Jagd und Verfolgung zu tun …

Als wir in Florida unterwegs waren, galt meine größte Sorge, bei einem Spaziergang unvermittelt einem Alligator gegenüberzustehen. Letzten Endes hat sich diese Sorge jedoch als unbegründet erwiesen, denn erstens war es viel zu heiß zum Wandern, und zweitens ist die Natur in weiten Teilen Floridas ziemlich unspektakulär. Vermutlich hätte das alles anders ausgesehen, hätten wir einen Bootsausflug in die Everglades unternommen, aber so weit im Süden waren wir dann doch nicht. Stattdessen waren wir in einem Sumpfpark, in dem zahlreiche Alligatoren hausen und – sicher eingezäunt – angestarrt werden konnten. Man durfte ein Baby sogar streicheln, wie süß …

Crawl

Haley (Kaya Scodelario) ist eine gute Schwimmerin, was ihr ein Stipendium an einer Uni beschert hat, doch seit sie sich von ihrem Vater Dave (Barry Pepper) entfremdet hat, läuft es nicht mehr rund bei ihr. Als ein Hurrikane Florida heimsucht und genau auf ihren Heimatort zusteuert, macht sich Haley große Sorgen um Dave, denn er antwortet nicht auf ihre Anrufe. Also fährt sie zu ihm und findet ihn verletzt im Keller ihres alten Hauses – zusammen mit zwei hungrigen Alligatoren …

Von allen Subgenres mag ich den Tier-Horror am wenigstens. Vermutlich liegt es daran, dass er von realen Bedrohungen handelt und nicht von fiktiven wie Aliens, Dämonen oder Ähnlichem. Selbst wenn man weiß, dass das dargestellte Verhalten der Haie, Alligatoren oder anderen Raubtiere biologisch nicht unbedingt korrekt wiedergegeben ist, die Angriffe zugunsten der Spannungsdramaturgie martialischer inszeniert und musikalisch untermalt werden und nicht zuletzt dank raffinierter Tricktechnik besonders grausam wirken – es sieht einfach viel zu echt aus.

Die Story erfindet das Genre natürlich nicht neu, sondern liefert dem Zuschauer, was er in einem solchen Fall erwartet: Eine Naturkatastrophe, ein besonderer Umstand (in diesem Fall eine nahegelegene Alligatorenfarm) und eine Familie mit Problemen, die ums Überleben kämpft. In diesem Fall ein dynamisches Vater-Tochter-Gespann mit einer starken, mutigen und sympathischen Heldin. Kaya Scodelario, die raffinierte Göre aus Skins, ist erwachsen geworden und immer noch eine gute Schauspielerin, auch wenn diese Rolle nicht gerade Höchstleistungen von ihr verlangt. Der Konflikt mit Dave ist reichlich dünn, und es wirkt immer ein wenig konstruiert, wenn Menschen in Extremsituationen ihre Familienprobleme ausdiskutieren müssen. Zum Glück wird dies auf ein Minimum reduziert.

Im Zentrum des Films steht der Kampf ums Überleben, und den hat Horror-Routinier Alexandre Aja, von dem auch Piranha 3D stammt, ungemein packend inszeniert. Alles in allem eine runde Sache – wenn man Tier-Horrorfilme mag.

Note: 3+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.