#amLeben

Südkorea wurde vielfach gelobt für seinen Umgang mit Covid-19. Zu einem großen Teil liegt das daran, dass das Land vor fünf Jahren mit einer Mers-Epidemie zu kämpfen und in der Folge einige Maßnahmen zur Eindämmung von Infektionskrankheiten implementiert hatte. Als 2015 ein einzelner Mensch über achtzig weitere infizierte, von denen fast die Hälfte starb, war das ein Weckruf – und vermutlich auch ein Schock. Möglicherweise erklärt das auch, warum es in Südkorea mehr Zombiefilme zu geben scheint als in anderen Ländern …

Den folgenden Film kann man sich auf Netflix ansehen, und wieder einmal gibt es ein bisschen Verwirrung um den Titel. #amLeben ist der deutsche Titel, bei imdB wird er unter dem Original #Saraitda geführt, und #alive habe ich auch schon irgendwo gelesen. Das gleiche gilt auch für die Namen der Figuren, so heißt der Held mal Oh Joon-woo (imdB), mal Oh Junu (vermutlich die eingedeutschte Version) – und wird im Film, wenn mich mein Gehör nicht getäuscht hat, wieder komplett anders ausgesprochen (es gibt keine deutsche Synchronisation).

#amLeben

Oh Joon-woo (Ah-In Yoo) ist allein zu Hause, nachdem seine Eltern und seine Schwester aufgebrochen sind, um Besorgungen zu machen. Der Vlogger lässt sich durch den Alltag treiben, bis er plötzlich durch Unruhen vor seinem Appartementkomplex gestört wird: Seine Nachbarn scheinen durchzudrehen und sich gegenseitig zu zerfleischen. In den Nachrichten ist vom Ausbruch einer Epidemie zu lesen, bei der die Infizierten gewalttätig werden und kannibalistische Tendenzen erkennen lassen. Oh Joon-woo verschanzt sich daraufhin in seiner Wohnung, doch nach einigen Tagen gehen ihm die Nahrungsmittel und das Wasser aus. Dafür entdeckt er, dass er nicht der einzige Lebende unter lauter Zombies ist: Im Haus gegenüber harrt Kim Yoo-bin (Shin-Hye Park) ebenfalls in ihrer Wohnung aus.

Das Plakat zum Film zeigt den Helden außen an einem Balkon, das Handy am Selfiestick weit ausgestreckt, während unter ihm die Zombies ihre gierigen Hände nach ihm ausstrecken. Das Bild mutet witzig an, ein Selfie mit Zombies, führt aber in die Irre …

Tatsächlich hat der Film weniger Humor als das Bild suggeriert, obwohl es durchaus den einen oder anderen Slapstick-Moment gibt. Da Oh Joon-woo die meiste Zeit alleine zu Hause ist und nur selten die Wohnung verlässt, reduziert sich ein Großteil der Handlung auf die Einsamkeit des Überlebenden, seine Verzweiflung und die Versuche, sich Mut zu machen. Fehlt eigentlich nur noch ein Basketball als Gesprächspartner. Leider ist weder der Hauptdarsteller ein besonders begabter Schauspieler noch der Regisseur besonders versiert in seiner Inszenierung, so dass sich in der ersten Hälfte etliche Längen einstellen.

Spannender wird es erst mit dem Auftauchen der Nachbarin, mit der er sich unterhält und zu der er zu gelangen versucht. Wie die beiden gemeinsam ums Überleben kämpfen und allerlei Abenteuer mit Zombies und Menschen erleben, ist gut erzählt. Wie bei New Mutants muss man feststellen, dass der Film das Genre nicht neu erfindet und auch keinen neuen Aspekt hinzuzufügen hat, aber insgesamt solide Unterhaltung bietet.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.