Anna und die Apokalypse

Zombie-Musicals sind eine so skurrile Mischung aus zwei scheinbar nicht zusammenpassenden Genres bzw. Subgenres, dass man auf den ersten Blick ungläubig den Kopf schütteln und ihre Existenz anzweifeln möchte. Sicher, es gab 1983 das berühmte Musikvideo von John Landis zu Michael Jacksons Hit Thriller, aber darüber hinaus?

Tatsächlich habe ich vier Filme gefunden: Zombie Broadway, die Disney (!)-Produktion Zombies – Das Musical mit seiner Fortsetzung und den folgenden Titel, der bei Prime Video zu sehen ist:

Anna und die Apokalypse

Kurz vor Weihnachten in der schottischen Kleinstadt Little Haven: Anna (Ella Hunt) plant, nach ihrem Schulabschluss nach Australien zu reisen, was ihr Vater (Mark Benton) gar nicht gutheißt. Während sich die Schüler auf eine Aufführung vorbereiten und der Direktor (Paul Kaye) alle tyrannisiert, hört man in den Nachrichten immer wieder von einer sich ausbreitenden ominösen Grippe. Doch die Schüler schenken dem keine Beachtung, denn sie haben zu viel mit sich und ihrem (Liebes-)Leben zu tun. Annas bester Freund John (Malcolm Cumming) möchte ihr endlich seine Gefühle gestehen, doch sie hat nur Augen für den attraktiven, selbstverliebten Nick (Ben Wiggins), der John schikaniert. Zur Clique gehören zudem noch Steph (Sarah Swire), die sich von ihren Eltern vernachlässigt fühlt, der filmbesessene Chris (Christopher Leveaux) und dessen Freundin Lisa (Marli Siu), die ihrem großen Auftritt entgegenfiebert. Doch als sich am Weihnachtsmorgen immer mehr Menschen in Zombies verwandeln, ist nichts mehr wie zuvor.

Der Trailer zum Film hat mich damals tatsächlich neugierig gemacht und an einen anderen ungewöhnlichen Zombiefilm erinnert: Warm Bodies. Dieser kleine Film war charmant und einfallsreich und sogar witzig. Anna und die Apokalypse ist all dies – leider nicht oder in nur sehr eingeschränktem Maß.

In den ersten Minuten werden die jugendlichen Figuren mit ihren Problemen eingeführt, die so typisch für High-School-Filme sind, dass man das Gefühl hat, sie alle schon hundertfach gesehen zu haben. Aufgelockert werden diese Szenen durch einige Musicalnummern, die halbwegs solide choreografiert und ziemlich gut eingesungen werden. Verglichen mit amerikanischen Produktionen ist aber sowohl die Unterfinanzierung des Projekts als auch die Unerfahrenheit von Regisseur John McPhail und der Choreografin Sarah Swire ständig schmerzhaft erkennbar.

Von einer belanglosen Schulkomödie ohne nennenswerte Handlung wandelt sich der Film jedoch schlussendlich in einen handfesten Zombiefilm, in dem die Teenager ums nackte Überleben kämpfen, während ihr Schuldirektor zum wahnsinnigen Psychopathen mutiert. Dass nicht alle überleben, kann man an seinen zehn Fingern abzählen, und sogar wer von den Zombies gebissen wird, kann man mühelos erraten, wenn man schon mal einen Horrorfilm gesehen hat.

Trotz dieses Mangels an Originalität und Einfallsreichtum gewinnt der Film in seiner zweiten Hälfte ein wenig an Format, was vor allem an den sympathischen Darstellern liegt, die ihr Bestes geben. Man spürt in jeder Szene, dass alle Beteiligten mit Herzblut dabei waren, auch wenn das Ergebnis weit davon entfernt ist, perfekt zu sein.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.