Die Farbe aus dem All

Wird 2022 das Jahr, in dem Nicolas Cage sein Comeback gelingt? Mit Massive Talent hat er immerhin einen Film am Start, der zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit ein größeres Publikum interessieren könnte. Seit wann eigentlich? Ghost Rider: Spirit of Vengeance? Von Mandy abgesehen war es immerhin der letzte Film, der bei uns im Kino lief. Oder doch seit Das Vermächtnis des geheimen Buches? Immerhin sein letzter Millionen-Hit in Deutschland. Wahrscheinlich fragt sich die jüngere Generation jetzt: Wer ist dieser Nicolas Cage eigentlich?

Sollen sie googeln. Heute geht es um Die Farbe aus dem All, einer von jenen Nicolas-Cage-Filmen, von denen es heißt, sie seien gar nicht mal schlecht. Heutzutage reicht das schon, um mal einen Blick zu riskieren …

Die Farbe aus dem All

Nathan (Nicolas Cage) hat zusammen mit seiner Familie die Hektik der Großstadt hinter sich gelassen, um den abgelegenen Hof seiner Familie zu bewirtschaften. Seine Frau Theresa (Joely Richardson) kämpft gegen eine Krebserkrankung, arbeitet aber weiterhin übers Internet in der Finanzbranche. Die älteste Tochter Lavinia (Madeleine Arthur) versucht sich als Hexe und verguckt sich in den Hydrologen Ward (Elliot Knight), der das Land untersucht. Eines Nachts stürzt ein Meteorit in den Vorgarten der Familie, und ein helles Licht in einer schwer beschreibbaren Farbe erleuchtet die Nacht. Kurz darauf beginnen seltsame Blumen im Garten zu blühen und die Tiere zu mutieren …

H.P. Lovecraft schrieb die dem Film zugrunde liegende Kurzgeschichte Ende der Zwanzigerjahre, und erstaunlicherweise wurde sie bereits fünfmal zuvor verfilmt, darunter gleich zweimal in Deutschland. Und von keiner dieser Verfilmungen hatte ich jemals gehört. Anderseits habe ich auch noch nichts von Lovecraft gelesen.

Die jüngste Version von Richard Stanley, der zusammen mit Scarlett Amaris das Buch schrieb, versetzt die Handlung, die ursprünglich in den 1880ern angesiedelt ist, immerhin in die Gegenwart, weiß damit aber ansonsten nicht viel anzufangen. Eine Metaebene oder einen tieferen Sinn in dieser Geschichte über eine zersetzende außerirdische Macht ist nicht zu erkennen, dabei hätten sich einige Deutungsmöglichkeiten angeboten.

Stattdessen verwendet Stanley viel Zeit darauf, das Leben der Familie auf dem Land zu schildern, das weder besonders ereignisreich noch spannend ist. Dass Theresa krank ist, merkt man ihr nicht an, was es mit der Familie macht, kommt auch kaum zur Sprache. Auch mit dem Auftauchen des Meteoriten ändert sich nicht viel. Es gibt eine Menge Farbeffekte zu sehen, und ein paar gut gemachte Tiermutationen, die gegen Ende jedoch immer krasser und ekelerregender ausfallen. Doch der geistige und körperliche Zerfall der Familie vollzieht sich beinahe in Zeitlupe (was Nicolas Cage ausgiebig Raum zum Chargieren lässt), und auch Wards Bemühen, Licht ins Dunkel zu bringen und herauszufinden, was mit der Familie nicht stimmt, ist nur mäßig interessant.

Fast alles hat man so oder so ähnlich bereits in anderen Filmen gesehen. Vergleiche mit Auslöschung und Evolution drängen sich auf, und einige Horrorfilme scheinen auch Pate gestanden zu haben.

Hoffen wir, dass Massive Talent tatsächlich ein Nicolas-Cage-Film ist, den man sich wieder mit Genuss anschauen kann. Die Farbe aus dem All ist es sicherlich nicht.

Note: 4-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.