Moonfall

Sollte man sich als Filmliebhaber tatsächlich Filme im Flugzeug anschauen? Auf einem winzigen Bildschirm, für den sie meistens zurechtgeschnitten werden, mit lauten Mitreisenden und schlechtem Ton? Sollte man vermutlich nicht, aber auf der anderen Seite vergeht so die Zeit bis zur Landung wesentlich schneller. Und man muss sich ja keine Meisterwerke ansehen …

Auf dem Flug nach L.A. im letzten Sommer habe ich mich daher, nachdem ich ausgeschlafen war, für diese Produktion entschieden.

Moonfall

Bei der Reparatur eines Satelliten kommt es zu einem unerwarteten Zwischenfall: Eine geheimnisvolle, scheinbar gelenkte Wolke trifft auf die beiden Astronauten im Außeneinsatz, tötet einen und beschädigt die Raumfähre. Brian Harper (Patrick Wilson) rettet die Mission, aber als er später von dem Vorfall berichtet, wird er von seinen Vorgesetzten für verrückt erklärt, und alles wird unter den Teppich gekehrt. Seine Kollegin und Freundin Jocinda Fowler (Halle Berry), die wegen ihrer Bewusstlosigkeit nichts gesehen hat, kann ihm nicht helfen.

Zehn Jahre später betreut Brian Kinder in einer Sternwarte, während Jocinda stellvertretende Chefin der NASA ist. Als der Hobby-Astronom KC Houseman (John Bradley) herausfindet, dass der Mond seine Umlaufbahn verlassen hat, nimmt ihn zunächst keiner ernst, doch er macht die Nachricht publik und sorgt für ein gewaltiges Medienecho. Die NASA bestätigt schließlich die Richtigkeit der Entdeckung, und bald bricht auf der Erde Panik aus. Das Militär denkt an den Einsatz von Atomwaffen, doch Jocinda will es mit einem anderen Ansatz versuchen, dazu braucht sie jedoch Brians Hilfe.

Der Mond ist aus Käse, und ein Mann lebt in ihm, manchmal auch eine Maus, aber das ist wohl ein anderer Mond aus einem anderen Universum. Geschichten über unseren Erdtrabanten gibt es seit Tausenden von Jahren, und so lange fasziniert er uns auch. Immerhin erleuchtet der Mond unsere Nächte, sorgt für Ebbe und Flut und verwandelt bestimmte Menschen in Werwölfe. Das alles wissen wir.

Doch es gibt auch Verschwörungstheorien, die den Mond betreffen: Ob es sich um geheime Basen handelt, die von Nazis betrieben werden, oder um die Landung der Amerikaner, die angeblich gefälscht wurde, im Laufe der Jahre haben sich die Menschen eine Menge Unsinn ausgedacht. Houseman hält den Mond für eine außerirdische Megastruktur, die innen hohl ist, und möglicherweise einmal als Arche gedient hat, mit der unsere Vorfahren auf die Erde gelangt sind. Außerdem gibt es im Inneren Felder, schließlich: Woher sonst haben die Inkas die Kartoffeln?

Man weiß nicht, was schlimmer ist, der Unsinn, den Roland Emmerich, Spenser Cohen und Harald Kloser in ihrem Drehbuch verzapft haben, oder die Dialoge, mit denen sie ihre Figuren diesen Nonsens erklären lassen. Die Story ist gaga, aber leider nicht so übertrieben crazy, dass sie wie in Iron Sky schon wieder Spaß machen würde. Es wundert daher nicht, dass Moonfall zu einem riesigen Flop wurde, anderseits hat Emmerich mit ähnlich logikfernen Storys früher gigantische Erfolge gefeiert. Was ist also schiefgelaufen?

Eine Teilschuld hat sicherlich die Marketingkampagne. Bei der Sichtung des Trailers hatte man keine Ahnung, worum es in der Geschichte überhaupt gehen soll. Irgendwie droht der Mond auf die Erde zu stürzen, und es gab auch Hinweise auf eine außerirdische Bedrohung, aber alles blieb zu vage. Viel schlimmer war jedoch, dass das Kernelement eines guten Emmerich-Films fehlte: die Zerstörung. Auch im Film gibt es erschreckend wenige Desaster-Momente, wie wir sie von Emmerich lieben, keine Zerstörung von Städten (ausgenommen eine kleine Szene, in der Manhattan vernichtet wird), und der Kampf der Protagonisten ums nackte Überleben wird in die Nebenhandlung verbannt. Dadurch wirkt der Film trotz seines riesigen Budgets wie eine Sparversion.

Den Rest erledigt eine unausgegorene, ein bisschen lieblos abgespulte Story, die lauter Elemente miteinander kombiniert, die man schon häufig gesehen hat. Wieder geht es um Familienkonflikte, die gelöst werden müssen, während gerade die Welt untergeht. Es geht um ausgemusterte Helden, die beweisen wollen, was noch in ihnen steckt. Und mit Houseman gibt es den Pseudowissenschaftler, der erstaunlicherweise mit all seinen abstrusen Theorien genau ins Schwarze trifft. Von Originalität also keine Spur.

Der Mond ist vielleicht kein Käse, das Drehbuch aber schon. Und doch ist der Film, man traut es sich fast nicht zu sagen, an sich recht unterhaltsam. Die Schauspieler agieren gut, die Effekte sind solide, und in der zweiten Hälfte gibt es auch einige spannende Momente. Am Ende gibt es sogar einen Mann im Mond, der in Wahrheit eine große Maschine ist, und die Ankündigung einer Fortsetzung, die wohl niemals kommen wird. Wenn man mal Lust hat, seine Zeit mit etwas Sci-Fi-Gaga-Unterhaltung zu verschwenden, ist Moonfall keine allzu schlechte Wahl. Es gibt schlechtere Filme.

Note: 4-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.