Kommenden Sonntag werden die Oscars verliehen. Vermutlich werde ich mir die Veranstaltung sogar live im Fernsehen anschauen – und höchstwahrscheinlich zwischendurch einschlafen. Das liegt natürlich nur an der späten Stunde und nicht an der Qualität der Sendung, schließlich dürfte es in diesem Jahr recht spannend werden, sind doch viele tolle Filme nominiert.
Lange Zeit galt Die Verlegerin von Steven Spielberg als einer der Favoriten, doch dann ist die Stimmung wohl gekippt, und abgesehen von einer Nominierung als bester Film reichte es nur noch für eine weitere für Meryl Streep. Ich weiß nicht, woran das lag, ob es Schmutzkampagnen gegen den Film gegeben hat, wie sie in letzter Zeit immer häufiger vorkommen, oder ob die Konkurrenz einfach zu groß war. Am Film selbst liegt es jedenfalls nicht.
Die Verlegerin
Nach dem Tod ihres Mannes ist Kay Graham (Meryl Streep) die Herausgeberin der renommierten Washington Post, wird als Frau Anfang der Siebzigerjahre jedoch immer noch geringschätzig behandelt. Um die notorische Unterfinanzierung zu beseitigen, plant Kay den Börsengang des Unternehmens, der nicht ohne Risiko ist. Gleichzeitig berichtet die New York Times über die geheimen Pentagon-Papiere, die der Polit-Insider Daniel Ellsberg (Matthew Rhys) ihnen zugespielt hat, eine Sensation, denn es kommt ans Licht, dass die Regierung seit vielen Jahren die Öffentlichkeit und die Volksvertreter in Bezug auf den Vietnamkrieg belügt. Als Nixon die Zeitung darauf vor Gericht zerrt und zum Schweigen bringt, bekommt einer Redakteure der Post (Bob Odenkirk) ebenfalls den Geheimbericht in die Hände. Kay und ihr unerschrockener Redaktionsleiter Ben Bradlee (Tom Hanks) müssen nun entscheiden, ob sie damit an die Öffentlichkeit gehen – und den Zorn des Präsidenten und möglicherweise eine Haftstrafe riskieren …
Die Ereignisse der Nixon-Jahren sind aktueller denn je, dank des unberechenbaren Mannes im Oval Office. So nimmt es nicht wunder, dass immer wieder Vergleiche zu den damaligen Geschehnissen gezogen werden und einzelne davon wie eine Blaupause für die gegenwärtigen Entwicklungen wirken. Bei bestimmten Aussagen im Film denkt man also unwillkürlich auch an die Konflikte, die zur Zeit in Washington ausgetragen werden, lediglich die Namen der Protagonisten muss man dabei austauschen, alles andere ist nahezu unverändert. Wodurch die Handlung erschreckender und beklemmender wirkt als bei jedem anderen Historienfilm.
Dass Steven Spielberg die Geschichte unbedingt erzählen musste und den Film quasi nebenbei während der Postproduktion von Ready Player One inszeniert hat, sagt einiges über die Aktualität und Dringlichkeit des Stoffes. Es ist ein packendes Lehrstück über demokratische Grundwerte und die Pressefreiheit, solide inszeniert vom dramatischen Beginn im vietnamesischen Dschungel, der uns Zuschauer einen kurzen Einblick in die Schrecken des Krieges gewährt und die Motive Ellsbergs erhellt, bis hin zum Showdown vor dem Obersten Gerichtshof.
Sicher, der Film strotzt nicht gerade vor Spannung und besitzt auch keine dramatischen Höhepunkte, er hat aber auch keine Längen und ist durchweg fesselnd. Selbst wenn man die Story in groben Zügen kennt, weiß man doch wenig über die Umstände und die beteiligten Personen. Die Schauspieler agieren allesamt gut, doch Meryl Streep ist wie immer herausragend, das nuancierte Porträt einer Frau, die erst spät im Leben und unter schwierigen Bedingungen zu ihrer Berufung gefunden hat und sich in einer von Männern dominierten Branche behaupten muss. Jeder ihrer Auftritte ist absolut sehenswert.
Note: 2