Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers

Star Wars ist ein internationales Phänomen, das vom ersten Film an auf Begeisterung stieß. Vor einigen Jahren habe ich dazu eine interessante Aussage gelesen, die ich möglicherweise bereits früher zitiert habe. Es geht darin um die Faszination für das Franchise auch in Ländern, die ansonsten ein Feind Amerikas sind, insbesondere im Nahen Osten. Die Erklärung dafür war einfach: Die Menschen identifizieren sich wie überall auf der Welt mit Luke, Han und Leia, weil sie die Helden sind, die gegen einen bösen, imperialistischen Staat kämpfen. Was für uns Zuschauer im Westen jedoch nur ein Märchen ist, ist für die Menschen in Nahost eher eine Art von Allegorie: Das böse Imperium ist für sie die USA. Ich fand das immer faszinierend, weil die Aussagen, die Hollywood, das in gewisser Weise ja auch Teil des Kulturkampfes ist, beabsichtigt, so in ihr Gegenteil verkehrt werden.

Aber zurück zum eigentlichen Film und seiner Bedeutung für das Franchise. Wir sind nun (endlich) an einem Scheidepunkt angelangt. Die alte Trilogie hat zuerst eine Prequel-Reihe bekommen, anschließend eine Abschluss-Trilogie – und beides hätte man nicht gebraucht. Schuld daran ist natürlich George Lucas, der seinen ersten Film als Episode IV. angelegt und somit suggeriert hat, dass noch viel mehr zu erzählen ist. Das stimmt selbstverständlich, aber die eigentliche Frage ist: Ist es auch wert, erzählt zu werden?

Star Wars: Episode IX. – Der Aufstieg Skywalkers

Eine mysteriöse Botschaft geistert durch das Universum: Imperator Palpatine (Ian McDiarmid) lebt und bereitet seine Rache vor. Dafür hat er in einem Geheimversteck der Sith eine neue Flotte Sternenzerstörer gebaut, mit der er die Galaxis endgültig unterwerfen will. Sein getreuester Diener ist Kylo Ren (Adam Driver), der immer noch auf der Suche nach Rey (Daisy Ridley) ist, um sie zur dunklen Seite zu bekehren. Aber die Rebellen unter Leia (Carrie Fischer) setzen alles daran, Palpatines Aufenthaltsort ausfindig zu machen und ihn dort zu vernichten. Dazu begeben sich Poe (Oscar Isaac), Finn (John Boyega) und ihre Crew auf eine gefährliche Mission.

Um es gleich vorweg zu sagen: Mit dem Film verhält es sich wie mit der Macht – er befindet sich im nahezu perfekten Gleichgewicht zwischen gelungenen und misslungenen Momenten, zwischen Erfolg und Scheitern. Auf welche Seite man sich als Zuschauer schlägt, bleibt einem selbst überlassen …

Wie gesagt, die gesamte dritte Trilogie war von Anfang an völlig überflüssig, weil sie dieselbe Geschichte aus Episode IV-VI. noch einmal erzählt, nur diesmal mit mehr Tamtam. Entsprechend orientiert sich der aktuelle Film weitgehend an Die Rückkehr der Jedi-Ritter von 1983. Er spielt sogar zum Teil auf Endor, was man bereits aus dem Trailer wusste, verzichtet aber auf die Ewoks (die nur einmal kurz zu sehen sind). Manche sind wahrscheinlich dankbar dafür. Der Rest ist erschreckend ähnlich, eine mut- und risikolose Variante des Altbekannten. Man könnte es auch eine künstlerische Bankrotterklärung nennen, so wie einen Großteil des Outputs von Disney im Moment. Aber das ist eine andere Geschichte.

Auf der anderen Seite trägt dieses Altbekannte in einigen wenigen Szenen immerhin dazu bei, dass noch einmal das alte Star Wars-Feeling aufflackert. Ein bisschen darf man sich als Zuschauer dabei wie ein Ebenezer Scrooge in einer weit entfernten Galaxis fühlen, dem der Geist der vergangenen Trilogie vor Augen führt, was für tolle Filme George Lucas einst geschaffen hat. Ja, es gibt diese Momente, auch Augenblicke des Abschieds, voller Wehmut und Entzücken. Aber wenn man im dunklen Kinosaal heimlich seine feuchten Augen betupft, fragt man sich doch gleichzeitig, ob man gerührt ist wegen dem, was man gerade sieht, oder wem dem, was man dereinst mit Star Wars verbunden und bereits mit Episode I. verloren hat. Vielleicht tragen wir hier nicht nur die Filmhelden zu Grabe, sondern vor allem unsere glücklichen Erinnerungen an die Zeit, die wir mit ihnen verbracht haben.

Der Aufstieg Skywalkers hat für sich genommen aber dennoch eine ganze Menge zu bieten. Wie gesagt, viel Tamtam. Alles muss größer und schneller sein, es gibt mehr Schauplätze, mehr Helden, mächtigere Waffen und beeindruckendere Effekte. Optisch macht der Film eine Menge her, es ist ein pralles Science-Fiction-Abenteuer, das J.J. Abrams uns hier präsentiert. Aber leider auch ein Film ohne Herz und Seele.

Den Figuren bleibt man auch nach drei Filmen immer noch gleichgültig gegenüber. Das Geheimnis um Reys Herkunft wird zwar gelüftet und ist die einzige Überraschung, die ein ansonsten viel zu vorhersehbares Drehbuch zu bieten hat, aber das allein reicht leider nicht, um zu punkten. Darüber hinaus gibt es ein paar wenig überzeugende emotionale und charakterliche Wandlungen. Da sind sich zwei in einem Moment spinnefeind, im nächsten aber plötzlich Verbündete, da werden Opfer gebracht, die schon wenig später wieder obsolet sind. Keiner riskiert hier irgendwas, weder die Macher noch die Figuren. Der gesamte Film ist ein einziges keusches Wohlfühl-Märchen, in dem man um niemanden Angst haben muss.

Ein bisschen ist diese Kritik natürlich ungerecht, da auch die erste Trilogie ein galaktisches Märchen ist, das nicht umsonst mit den Worten „Es war einmal …“ beginnt und in dem allen Gemetzeln zum Trotz kein Tropfen Blut fließt. Aber darum geht es nicht, sondern um die eindimensionale Figurenzeichnung. Vielleicht stand das neue Trio Finn, Poe und Rey von Anfang an auf verlorenem Posten, weil es sich stets mit Han, Luke und Leia messen lassen musste, aber so armselig, so papieren hätte es nicht ausfallen dürfen.

Von anderen logischen Schwächen, der Unkaputtbarkeit von intergalaktischen Flugobjekten beispielsweise, die problemlos funktionieren, selbst wenn sie Jahrzehnte lang Sand oder Salzwasser ausgesetzt waren, aber repariert werden müssen, wenn sie einmal etwas zu hart landen, will ich gar nicht erst anfangen. Auch sie sind ärgerlich, aber das ist ein bisschen so, als würde man sich darüber beschweren, dass das versalzene Essen kalt serviert wurde. Es fällt einfach nicht mehr ins Gewicht.

Nach Sichtung des Films komme ich dennoch zu der überraschenden Erkenntnis, dass man den Inhalt der neuen Trilogie zwar nicht mögen und den eingeschlagenen Weg für falsch halten kann, die drei Filme für sich genommen jedoch viel Spaß machen. Wenn man einmal beiseitelässt, dass die eigene Erwartungshaltung komplett unterlaufen wurde, kann man sie als eskapistisches Popcorn-Kino durchaus gut finden. Abrams macht aus der Not zu guter Letzt noch eine Tugend und bringt die Trilogie zu einem befriedigenden Abschluss. Star Wars: Episode IX. – Der Aufstieg Skywalkers ist in jeder Hinsicht das Ende, das diese Trilogie verdient hat und bekommt von mir die – vermutlich viel zu großzügige, ein Stück weit der Nostalgie und dem Einfallsreichtum George Lucas’ geschuldeten – Note, die auch die beiden Vorgänger erhalten haben.

Note: 2-

In sechs Tagen startet wieder die Münchner Filmwoche, daher fällt mein Montagspost aus, stattdessen berichten Mark G. und ich wie gewohnt von den Neuigkeiten, die uns präsentiert werden.

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.