Maleficent – Mächte der Finsternis

In Disney-Familienfilmen wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Alles ist so bonbonbunt, zuckersüß und überladen, dass man oft den Eindruck hat, sämtliche Kostüm- und Setdesigner waren auf Droge, als sie sich an die Entwürfe gemacht haben. Das Resultat ist mitunter ein Frontalangriff auf die Sinne des Zuschauers, der gar nicht weiß, wohin er zuerst schauen soll. Wenn, wie in diesem Fall, noch 3D-Effekte hinzukommen und ständig etwas auf die Kamera zufliegt oder sich diese selbst in Bewegung setzt und wahre Kapriolen schlägt, fühlt man sich bald wie Alice, die kopfüber in den Kaninchenbau purzelt.

Vor sechs Jahren bescherte uns das Maus-Haus eine weitere Realverfilmung eines klassischen Disneymärchens, nämlich Maleficent – die dunkle Fee. So richtig prickelnd war die Produktion nicht, aber relativ erfolgreich an den Kassen, weshalb es – nach der Logik der Konzerne – natürlich eine Fortsetzung geben muss. Es war also wieder einmal …

Maleficent – Mächte der Finsternis

Aurora (Elle Fanning) herrscht nun für Maleficent (Angelina Jolie) glücklich über die Moore. Als sie Prinz Philips (Harris Dickinson) Heiratsantrag annimmt, beginnen jedoch die Probleme für das Paar, denn nun müssen sie ihre Eltern informieren. Während Maleficent der Verbindung skeptisch gegenübersteht, sind Philips Eltern John und Ingrith (Robert Lindsay und Michelle Pfeiffer) begeistert. Doch beim gemeinsamen Abendessen kommt es zum Eklat, als die Königin die dunkle Fee beleidigt und der König plötzlich in einen Zauberschlaf fällt. Und plötzlich stehen die Zeichen auf Krieg …

Die Schauwerte des Films sind bemerkenswert und sorgen vom Anfang bis zum Ende für einen gewissen Wow-Faktor, der nicht zu unterschätzen ist. Als Zuschauer lässt man sich gerne von diesem Märchen einwickeln und in eine fremde Welt entführen, auch wenn die eigentliche Geschichte, die einem dort präsentiert wird, recht dürftig ist.

Selbst der unbedarfteste Zuschauer wird spätestens mit dem Auftritt von Michelle Pfeiffer erkennen, dass sie die Schurkin in dieser Story ist, auch wenn Angelina Jolie Hörner und schwarze Flügel trägt. Das Böse ist manchmal eben nicht hässlich, sondern kleidet sich in schimmernde Seide und Juwelen. Ingrith ist so sehr mit Schmuck behangen, dass dieser eher wie ein Panzer wirkt und so grotesk Reichtum und Macht zur Schau stellt, dass man sie bereits für die personifizierte Gier hält, bevor sie ihre geheimen Absichten kundtut. Natürlich geht es ihr nicht um das Glück ihres Sohnes, sondern nur um den Ausbau ihrer Macht und die Sicherung von wertvollen Ressourcen für ihr Reich.

In gewisser Weise verkörpert sie den skrupellosen Kapitalismus, der aus Profitgier bedenkenlos die Schönheit der Natur zerstört und selbst vor Genozid an den Ureinwohnern nicht zurückschreckt. Man könnte es ein sehr amerikanisches Thema nennen und sich fragen, ob Disney dies tatsächlich so beabsichtigt hat. Überraschend ist auch, dass ausgerechnet eine Horde geflügelter Teufel, respektive dunkle Feen, zur Rettung herbeieilt und den Kampf gegen das hochgerüstete Militär mit seinen Biowaffen aufnimmt.

Diese finale Auseinandersetzung ist sehenswert und tröstet in ihrer Rasanz über so manche Durststrecke hinweg, die man zuvor ertragen musste. Leider verliert der Film bis dahin seine Figuren des Öfteren aus dem Fokus und weiß nicht so recht, wessen Geschichte er erzählen will. Am Ende wird er weder Maleficent noch Aurora wirklich gerecht. Wie schon im ersten Teil ist die überflüssigste Figur ausgerechnet der Prinz, und auch die Liebesgeschichte zwischen ihm und Aurora ist eher unglaubwürdig. Aber so ist es nun mal im Märchen, da gehören der Prinz und die Prinzessin eben zusammen, genauso wie es ein Happy End geben muss. Und über das bisschen Genozid kann man ja großzügig hinwegsehen, solange es am Ende eine Hochzeit gibt. Das ist dann tatsächlich etwas befremdlich.

Ein buntes, wirbelndes Märchen mit wenig Tiefgang und noch weniger Überraschungen, aber immerhin schön anzuschauen und in den besten Momenten mitreißend inszeniert.

Note: 3+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.