Jurassic World: Ein neues Zeitalter

Die Dinos sind wieder los! Während der Pandemie, als neue Filme Mangelware waren, wurde Jurassic Park wiederaufgeführt und sah auf der großen Leinwand immer noch so gut aus wie vor fast dreißig Jahren. Seitdem wurde das Franchise neu aufgelegt, und auch dieses Spin-off ist nach drei Filmen nun angeblich auserzählt. Bis es vermutlich in einigen Jahren zu einem Reboot kommt oder einer völlig unverhofften Fortsetzung.

Die Kritiken zum dritten Jurassic World-Film sind leider nicht besonders gut, was mich jedoch nicht davon abgeschreckt hat, ins Kino zu gehen und selbst eine Frage zu beantworten: Fehlt den Dinos nach knapp drei Jahrzehnten der Biss?

Jurassic World: Ein neues Zeitalter

Ein paar Jahre sind nach der Zerstörung von Isla Nubar durch einen Vulkan und der Rettung bzw. Freilassung der Saurier vergangen. Die Menschheit muss notgedrungen mit den Dinos leben, mit ihnen um Nahrung konkurrieren – oder sich von ihnen fressen lassen. Owen (Chris Pratt) und Claire (Bryce Dallas Howard) leben zurückgezogen in den Wäldern, um Maisie (Isabella Sermon) vor der Welt zu verstecken, dann als Klon der verstorbenen Wissenschaftlerin Charlotte Lockwood ist sie von großem Interesse für die Genforschung. Doch eines Tages wird Maisie entführt, und Owen und Claire machen sich auf, um sie zu retten.

Die Spur für zu einem führenden Genforschungsunternehmen unter der Leitung von Lewis Dodgson (Campbell Scott), der ein Reservat für Dinosaurier in den Dolomiten eingerichtet hat. Dorthin verschlägt es auch Ellie Sattler (Laura Dern) und Alan Grant (Sam Neill), die nach dem Ursprung einer genmanipulierten Riesenheuschreckenart fahnden, die gerade dabei ist, weltweit die Ernten zu vernichten.

Als ich in Vorbereitung auf Jurassic World: Ein neues Zeitalter überlegt habe, was genau im Vorgänger Jurassic World: Das gefallene Königreich passiert ist, herrschte völlige Leere in meinem Kopf. Selbst den Vulkanausbruch und die Flucht von der Insel hatte ich nicht mehr präsent, dafür erinnerte ich mich an das Ende, das Dinosaurier inmitten unserer Zivilisation zeigte – und die schönsten Hoffnungen auf die Fortsetzung weckte.

Auch einige Teaser-Trailer schürten die Erwartungen, dass es um die Bedrohung der Menschheit durch Dinosaurier gehen würde, gab es doch Szenen aus einem Trailerpark oder einem Autokino, die hochspannend und dramatisch waren. Keine davon kommt im fertigen Film vor, allenfalls in einem Nachrichtenbeitrag gleich zu Beginn, in dem über die Problematik berichtet wird. Und genau das ist das Hauptproblem des Films: Er hat gänzlich falsche Erwartungen geweckt, die vom Marketing noch geschürt wurden.

Man kann nur spekulieren, warum die Produzenten gerade diese Geschichte favorisiert haben. Vielleicht gab es keine Story, die den Erwartungen gerecht geworden ist, oder vielleicht wären die Produktionskosten zu hoch gewesen. Dabei kann das Drehbuch von Regisseur Colin Trevorrow, Emily Carmichael und Derek Connolly immerhin mit einer tollen Idee aufwarten: Sowohl die Cast aus dem originalen Jurassic Park als auch die des neuen Franchises treffen erstmals aufeinander, wenn auch relativ spät im Film.

Leider sind die Geschichten, die dieses Zusammentreffen ermöglichen, denkbar dünn. Am spannendsten ist noch der Entführungsplot, der Owen und Claire auf ihre Mission schickt, während die Verschwörung, der Ellie und Alan auf der Spur sind, trotz der wenig subtilen Kritik am Gebaren von Großkonzernen zu plump und aufgesetzt wirkt. Irgendwie hängen beide letzten Endes zusammen und haben etwas mit Genmanipulation zu tun, mit gewagten Experimenten, die in der Realität als verabscheuungswürdig gebrandmarkt wurden, hier aber als heroische Leistung gefeiert werden, weil sie als Schlüssel zur Heilung aller menschlichen Krankheiten verkauft werden. Das alles ist zweifelhaft, fadenscheinig und schlechtes Storytelling. Aber Colin Trevorrow und Derek Connolly haben schon das Drehbuch zu Teil 2 verhunzt, warum sollte es in der Fortsetzung also besser werden?

Auch in der Umsetzung der schwachen Story gibt es jede Menge Defizite: Warum wird es den Helden so einfach gemacht? Jedes Mal, wenn sie in Schwierigkeiten stecken, kommt von unerwarteter Seite Hilfe, entweder – wie schon zu oft in der Vergangenheit – in Form eines gefräßigen Sauriers, oder ein Helfer der Bösewichte entdeckt plötzlich sein Gewissen oder entpuppt sich als Whistleblower. Selbst der Oberschurke wirkt so zerstreut und so zögerlich in der Umsetzung seiner sinisteren Taten, dass man das Gefühl bekommt, sein Spiel mit der Existenz der gesamten Menschheit ist nur einer kleinen Unaufmerksamkeit geschuldet, aber keineswegs böse Absicht.

Mit so schwachen Widersachern bleiben am Ende wieder mal nur die Saurier, auf deren Biss man sich verlassen kann. Immerhin funktionieren die Actionszenen wunderbar, es gibt sogar ein paar Anleihen an die Vorgänger, und in den besten Momenten fühlt man sich tatsächlich an Jurassic Park erinnert. Nur leider sind diese Augenblicke rar gesät. Es gibt leider zu wenig Action (es dauert auch ungemein lange, bis der Film überhaupt in die Gänge kommt) und noch weniger Humor. Justice Smith, der zuletzt für die meisten Lacher gesorgt hat, wurde weitgehend rausgeschrieben, und wäre Jeff Goldblum nicht dabei, wäre der Film eine viel zu ernste Angelegenheit.

Unterm Strich ist Jurassic Park: Ein neues Zeitalter leider genau das nicht, was der deutsche Untertitel verspricht. Absolut nichts ist hier wirklich neu, statt Saurier in den Städten gibt es erneut Dinos im Park (wenn auch diesmal in einem Reservat), und auch aus dem Zusammentreffen der verschiedenen Casts hätte man viel mehr herausholen können. Hätte sich das Studio noch ein Jahr länger Zeit genommen, ein besseres Skript zu erarbeiten, hätte man einen tollen Film zum runden Jubiläum gehabt. So wirkt es wie eine vertane Chance. Aber – und das ist ein großes Aber – der Film ist größtenteils dennoch unterhaltsam, er erfindet den Saurier nicht neu, lässt ihn aber gewohnt kraftvoll röhren und liefert damit genau das, was den Fans schon immer an diesem Franchise gefallen hat. Das hätte man nur besser verkaufen müssen.

Note: 3-

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in Pi Jays Corner und verschlagwortet mit von Pi Jay. Permanenter Link zum Eintrag.

Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.