Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse

Cancel-Culture. Für manche eine politisch korrekte Notwendigkeit, für andere ein schwelendes Ärgernis. Warner Bros. ist im Augenblick besonders gebeutelt, gibt es doch ständig Ärger mit Ezra Miller, der einen Skandal nach dem anderen produziert, weshalb auch sein neuer Film mit ihm als Flash verschoben wurde. Da geht es ihm noch besser als Johnny Depp, der bereits seine Rolle in Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse an verloren hat. Dass dieser dritte Teil des Franchises weltweit, vor allem aber im angelsächsischen Markt, dennoch unter den Erwartungen lief, hat wohl auch etwas mit J.K. Rowlings problematischen Aussagen zur Transsexualität zu tun. Die Kunst vom Künstler zu trennen, wird wohl ein immer schwierigeres Unterfangen.

Dass ich erst jetzt über den neuen Beitrag zum Harry-Potter-Universum schreibe, hat jedoch einen anderen Grund: Mir hat der zweite Teil so wenig gefallen, dass ich eigentlich keine Lust hatte, den dritten zu sehen. Andererseits war ich angesichts der Kritiken doch neugierig, ob er wirklich besser als sein Vorgänger ist, und da solche Filme auf der großen Leinwand noch am ehesten ihre Wirkung entfalten, bin ich schließlich doch ins Kino gegangen.

Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse

Newt Scamander (Eddie Redmayne) gelingt es, der Geburt eines Qilin, einem chinesischen Fabeltier, beizuwohnen, doch Grindelwalds Anhänger töten die Mutter und entführen das Kalb. Nachdem Newt entkommen konnte, entdeckt er jedoch, dass es ein zweites Baby gibt, das er umgehend mit sich nimmt. Dumbledore (Jude Law) bittet Newt etwas später, mit Jacob Kowalski (Dan Fogler) und einigen Magiern nach Berlin zu reisen, um den dortigen Zaubereiminister Vogel (Oliver Masucci) vor einem Fehler zu bewahren. Doch Vogel lässt sich nicht beirren, er rehabilitiert nicht nur Grindelwald (Mads Mikkelsen), sondern lässt darüber hinaus zu, dass er zur Wahl zum neuen Vorsitzenden der internationalen Zauberergemeinschaft antreten darf – die von einem Qilin entschieden wird. Da Grindelwald einen Krieg gegen die nicht-magische Welt plant, wollen Dumbledore und seine Freunde seine Wahl unbedingt verhindern.

Dumbledore ist schwul. Diese Aussage hat J.K. Rowling bereits vor einigen Jahren getätigt und damit für einige Aufregung unter den Fans gesorgt. Mit diesem Film wird dieser Aspekt nun offiziell bestätigt, denn Dumbledore spricht hier offen davon, dass Grindelwald und er einst ein Liebespaar waren. Für die Handlung spielt das freilich keine große Rolle, weil Rowling es bei der Behauptung belässt und man zu keiner Zeit spürt, dass die beiden Figuren mehr als nur eine frühere Bekanntschaft miteinander verbindet. Dient dies möglicherweise nur dazu, um von Rowlings umstrittener Haltung zur Transsexualität abzulenken?

Aber so wie die angeblich amouröse Beziehung zwischen Dumbledore und Grindelwald funktioniert auch die gesamte Story allein aufgrund von Behauptungen seitens der Autorin und dem guten Willen der Zuschauer. Nachdem Teil 2 schon im Titel von Grindelwalds Verbrechen kündete, scheinen diese nun keine Rolle mehr zu spielen und er wird von allen Anklagepunkten aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Das ist umso bemerkenswerter, da es keine Verhandlung gibt, sondern allein Vogel dies verkündet. So ähnlich wird später auch mit Grindelwalds Kandidatur verfahren. Glaubwürdig ist das alles nicht, vielleicht wurde auch einfach nur versäumt, die Dinge besser zu erklären. In jedem Fall hätte man daraus eine wesentlich spannendere Angelegenheit machen können.

Wer immer dafür verantwortlich ist, dass aus der geplanten Trilogie ein Fünfteiler wurde, hat dem Franchise einen Bärendienst erwiesen. Schon im zweiten Teil wurde überdeutlich, dass die ohnehin recht magere und an die Harry-Potter-Reihe erinnernde Story gedehnt und in die Länge gezogen wird wie Strudelteig. Auch der dritte Teil hätte bequem unter zwei Stunden erzählt werden können.

Immerhin wartet die Produktion erneut mit vielen fantasievollen Details, einer schönen Ausstattung und prächtigen Kostümen auf, und es gibt auch nur wenige Längen. Dafür aber auch nur vier Szenen, in denen es wenigstens ansatzweise zu ein bisschen Action kommt. Keine davon ist jedoch so bemerkenswert, dass sie einem nachhaltig in Erinnerung bleiben wird.

Wie schon zuvor scheint Rowling weder mit der Geschichte noch mit ihren Figuren besonders viel anfangen zu können. Newt – der Mann mit dem Koffer – bleibt so blass, dass er mit dem Hintergrund zu verschmelzen scheint, Kowalski irrlichtert durch die Story, in der er eigentlich nichts verloren hat, und die anderen Figuren sind weder unverwechselbar noch treten sie groß in Erscheinung. Die gesamte Reihe wirkt wie eine vertane Chance.

Kein Wunder, dass das Publikum immer mehr fernbleibt und das Schicksal des vierten und fünften Teils in der Schwebe hängt. Man fragt sich ohnehin, was da noch kommen soll – und ob es einen überhaupt interessiert.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.