Warcraft: The Beginning

Bleiben wir bei der Fantasy. Wenn es um neue Film- oder Serienideen geht, insbesondere in einem Genre, dessen Produkte gerne etwas teurer in der Herstellung sind, greifen die Produzenten vorzugsweise auf Stoffe zurück, die sich bereits in einem anderen Medien bewährt haben. Videospiele gehören inzwischen ganz selbstverständlich dazu. Manchmal funktioniert das auch, etwa bei Resident Evil mit seinen drölfzig Fortsetzungen, manchmal geht es in die Hose.

Tomb Raider zählte zu den erfolgreichsten Spielen seiner Zeit, und auch die ersten Verfilmungen mit Angelina Jolie waren Kassenschlager, das Reboot von 2018 hingegen nicht mehr. Auch aus Assassin’s Creed und Warcraft: The Beginning hätten Franchises werden sollen, doch die Kritiken waren zu schlecht, den Zuschauern haben die Filme auch nicht sonderlich gefallen, und so gab es trotz ordentlicher Ergebnisse an den Kassen (beide Filme hatten in Deutschland etwas unter bzw. über einer Million Besucher) keine weiteren Fortsetzungen.

Immerhin habe ich mir, mit einiger Verspätung und aus Lust an einem Fantasy-Stoff nun Warcraft: The Beginning auf Prime Video angesehen.

Warcraft: The Beginning

Die Orks haben ein Problem: Ihre Welt liegt im Sterben. Deshalb öffnet der Hexer Gul’dan (Daniel Wu) mit Hilfe seiner Fel-Magie ein Tor zu einer Welt namens Azeroth. Häuptling Durotan (Toby Kebbell) und seine hochschwangere Frau Draka (Anna Galvin) gehören zu der Vorhut, die sich dorthin begibt, um möglichst viele Bewohner dieser neuen Welt gefangen zu nehmen., denn Gul’dan benötigt ihre Lebensenergie, um damit ein mächtiges Portal zu öffnen, durch das alle Orks einfallen können.

Die Bewohner von Azeroth, die aus Menschen, Elfen und Zwergen besteht, erkennen bald, dass einige der unbekannten Angreifer durch Magie verstärkte Kräfte besitzen. Sie bitten den Wächter, den Zauberer Mediv (Ben Foster), um Hilfe.

Das Buch basiert sowohl auf dem ersten Videospiel von 1994 als auch auf einem Roman, in dem die Ursprünge und die Geschichte der Orks erklärt werden. Insgesamt ist die Story ungeheuer komplex, mit vielen handelnden Figuren und einem halben Dutzend Schauplätzen. Viel Glück, sich all die Namen zu merken, die Absichten der Figuren oder ihre Backstorys. Ich bin dabei hoffnungslos gescheitert.

Dabei ist die Grundidee simpel und erinnert an die Völkerwanderung und den Untergang Roms. Dass die Orks nicht nur plumpe, menschenfressende Bösewichte sind, sondern empathische Wesen, ist ein guter Schachzug, der einer Geschichte etwas Tiefe verleiht, die ansonsten wie eine klassische Fantasy-Story über den Kampf Gut gegen Böse aufgebaut ist. Die Schurken sind in diesem Fall vor allem jene Magier, die sich der Leben vernichtenden Fel-Magie verschrieben haben oder ihren Verlockungen erlegen sind, also der dunklen Seite (woran erinnert das nur?). Dass es auch unter den Menschen einen solchen gibt, ist wohl kein großes Geheimnis, wie die gesamte Geschichte insgesamt sehr vorhersehbar ist.

Bei der Orientierung hilft, dass vieles so ungemein bekannt erscheint: Zauberer, Orks, Elfen und Zwerge (die nur Komparsen sind), magische Türme, wenngleich keine Ringe – Der Herr der Ringe hat mal wieder Pate gestanden bei dieser Story, und auch der Look erinnert stellenweise stark an die Peter-Jackson-Verfilmungen. Dieser Mangel an Originalität fällt jedoch nicht stark ins Gewicht. Die Schauwerte sind auf jeden Fall gegeben, die computergenerierten Landschaften sind malerisch, die Schlachten ordentlich von Duncan Jones inszeniert, alles in allem wirkt es jedoch tatsächlich wie ein Videospiel. Eines, bei dem man keine Kontrolle hat und nur zum Zuschauen verdammt ist, freilich.

Das größte Problem ist jedoch, dass man keine Ahnung hat, wessen Geschichte hier erzählt werden soll. Es geht um Durotan, der schnelle erkennt, dass Gul’dans Magie für die Zerstörung der Welt verantwortlich ist, um seine Frau und ihr Kind, das irgendwann aus purer Not ausgesetzt wird wie ein grüner Ork-Moses. Es geht um den in Ungnade gefallenen Zauberlehrling Khadgar (Ben Schnetzer), der als erster die Gefahr der Fel-Magie erkennt. Es geht auch um den tapferen Ritter Lothar (Travis Fimmel), den König (Dominic Cooper) und eine Ork-Frau (Paula Patton), die gefangen genommen wird und eine besondere Rolle bei der Völkerverständigung spielen wird. Insgesamt eine Fülle von Einzelgeschichten, die miteinander verbunden sind, aber größtenteils nicht zu Ende erzählt werden. Hinzu kommen unendlich viele Anspielungen, Erklärungen und Backstorys, die für die eigentliche Geschichte keine Rolle spielen und nur für Verwirrung sorgen, etwa der Auftritt von Glenn Close als Magierin in einer Box.

Um es auf den Punkt zu bringen: Ich bin mehrmals eingeschlafen, weil mich weder die Story gepackt noch die Figuren interessiert haben. Dabei haben es die Macher gut gemeint, sie wollten eine differenzierte Handlung, die nicht nur das reine Gut-Böse-Schema bedient, erzählen, sie wollten den Fans gefallen, indem sie viele Elemente der Spiele integrieren, und nicht zuletzt die Grundlage für weitere Fortsetzungen legen. Man kann sagen, dass sie sich dabei gründlich verhoben haben.

Note: 4

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.