A Killer Romance

Als ich den Trailer das erste Mal sah, habe ich nicht verstanden, worum es eigentlich in der Geschichte gehen soll. Einen Auftragsmörder? Einen Polizisten, der sich als Auftragsmörder ausgibt? Und wie passt die Liebesgeschichte hinein? Bei der zweiten Sichtung war es dann schon klarer, der Film wirkte aber immer noch unnötig kompliziert, und nachdem die Kritiken eher verhalten ausfielen, habe ich mir den Weg zum Kino erspart. Dafür habe ich den Film nun bei Wow nachgeholt.

A Killer Romance

Gary Johnson (Glen Powell) ist Philosophieprofessor in New Orleans und hat ein Faible für Elektronik, was ihn zu einem gefragten Abhörspezialisten bei der Polizei macht. Er unterstützt ein Observationsteam, in dem Jasper (Austin Amelio) als vermeintlicher Auftragsmörder potentielle Kunden, die einen Mord planen, in die Falle lockt. Als Jasper wegen Fehlverhaltens suspendiert wird, springt der schüchterne Gary kurzfristig ein und erweist sich als Naturtalent. Nur bei einem Auftrag sorgt er dafür, dass die Kundin – die von ihrem Ehemann gequälte Madison (Adria Arjona) – vorher abspringt, weil er Mitleid mit ihr hat. Madison trennt sich daraufhin friedlich von ihrem Mann und beginnt eine Affäre mit dem coolen Killer, was den braven Gary in arge Probleme bringt.

So unwahrscheinlich die Story auch klingt, sie beruht auf einer wahren Begebenheit: Der reale Gary Johnson brachte als vorgeblicher Hit Man über siebzig Menschen in Houston hinter Gitter und galt dank seiner Verwandlungsfähigkeit als Laurence Olivier der Strafverfolgung. Im Abspann sind einige Fotos von ihm in Verkleidung zu sehen, die nahelegen, dass diese Ereignisse sich in den Siebzigern oder Achtzigern zugetragen haben. Und selbst dann ist es verwunderlich, dass diese Geschichte nicht von der Presse aufgegriffen wurde, zumal der Gary im Film mehrfach vor Gericht aussagen und die Vorgehensweise erklären muss.

Als Aufhänger ist die Idee dennoch ganz nett. Regisseur Richard Linklater, der eher für anspruchsvolle Arthausproduktionen verantwortlich ist, hat zusammen mit seinem Hauptdarsteller auch das Drehbuch geschrieben und die Handlung nach New Orleans verlagert. Von der Stadt und ihrem einzigartigen Flair bekommt man jedoch leider nichts zu sehen. Wegen seiner Schauwerte bleibt der Film zumindest nicht in Erinnerung. Wegen anderer Dinge eigentlich auch nicht.

Die einzige Ausnahme stellt vielleicht das unausgegorene und langweilige Drehbuch da. Nach einem recht netten Anfang, in dem der attraktive und überaus selbstbewusst auftretende Powell das Mauerblümchen geben muss, was ihm nur leidlich und dank einer unvorteilhaften Frisur gelingt, geht der Story sehr schnell die Puste aus. Zu sehen, wie Gary als vermeintlicher Profikiller diverse Menschen mit mörderischen Absichten hinter Gitter bringt, ist nur selten amüsant, wird aber viel zu oft erzählt.

Erst mit Madisons Auftreten bekommt die Geschichte etwas Pepp. Für eine Weile fährt die Produktion in den ruhigen Gewässern des Liebesfilms, wird aber auch dort von einer Flaute eingeholt. Es passiert einfach nichts, und was passiert, ist meistens eine Wiederholung dessen, was man schon kennt.

Garys Entwicklung vom nervigen Nerd zum kernigen Kerl vollzieht sich erwartungsgemäß und wird vor allem an seiner Entwicklung als Professor gespiegelt. Dass er ausgiebig über Moralphilosophier doziert, ist ein guter Einfall, aus dem man etwas hätte machen können, hätten die beiden Autoren sich auch ein wenig für die Figuren und ihre plausible Entwicklung interessiert. Wieder einmal besiegt die Liebe alles, jedes Misstrauen, jeden Vertrauensbruch, jedes moralische Fehlverhalten, sogar kaltblütigen und heimtückischen Mord. Die Liebe ist so stark, dass es nicht einmal eine Bitte um Vergebung braucht. Oder einen auch nur halbwegs interessanten Konflikt.

Erst in den letzten dreißig Minuten nimmt der Film eine viel zu späte Wendung, die ihn in eine neue Richtung katapultiert. Worum es geht, sei hier nicht verraten, aber dieses klassische Thriller-Element, aus dem bessere Autoren eine raffinierte, wendungsreiche und spannende Geschichte hätten machen können, dient nur als Aufhänger für einen lahmen Showdown und als Beweis dafür, dass aus einem schlechten Drehbuch niemals ein guter Film entstehen kann.

Wenn man sich die euphorischen Kritiken bei Wikipedia durchliest, denkt man sich unwillkürlich: Wow, diesen Film hätte ich auch gerne gesehen. Dass er mit seinen vielen Längen, seinen oberflächlichen Figuren und einem faden Plot nicht ins Bodenlose abstürzt, verdankt er einzig und allein dem charismatischen Powell und der sympathischen Arjona, die man gerne häufiger sehen würde, vorzugsweise in einem guten Film.

Note: 4+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.