Im Mai starten zwar, wie gesagt, viele Filme, aber heute und morgen geht es zunächst einmal um ältere Titel. Richtig alte. Ich versuche ja, bei jeder sich bietenden Gelegenheit, Klassiker der Filmgeschichte nachzuholen oder erneut zu sichten, und bin in den letzten Wochen und Monaten erstaunlich häufig fündig geworden.
Der Titel Heißes Eisen suggeriert zunächst einen platten Gangsterfilm, vielleicht sogar eine Komödie, und war mir bis vor Kurzem unbekannt. Den Originaltitel The Big Heat hingegen meine ich schon mal gehört zu haben, und er erinnert auch eher an den Film Noir, dem das Werk von 1953 zuzuordnen ist. Der Regisseur ist kein Geringerer als Fritz Lang, und das gab schließlich, neben dem guten imdB-Wert, den Ausschlag, mir den Film auf Cabel Eins Classics anzuschauen und meinen filmhistorischen Horizont zu erweitern.
Heißes Eisen
Ein korrupter Polizist begeht Selbstmord und hinterlässt einen detaillierten Bericht für den Staatsanwalt, in dem er die Machenschaften des Gangsterbosses Lagana (Alexander Scourby) offenlegt. Doch seine Witwe (Jeanette Nolan) unterschlägt ihn, um Lagana damit zu erpressen. Der den Selbstmord untersuchende Beamte Banion (Glenn Ford) erfährt von der Geliebten des toten Polizisten jedoch, dass seine Witwe etwas verheimlicht, und als die junge Bardame daraufhin ermordet wird, nimmt sich Banion des Falls an, gerät nun aber selbst ins Fadenkreuz von Lagana.
Filmhistorisch betrachtet, ist Heißes Eisen ein Zwitter aus klassischem Film Noir und modernem Polizei-Thriller. Die Story ist nicht übermäßig originell und könnte in ihrer oberflächlichen Schwarz-Weiß-Zeichnung auch im Marvel- oder DC-Universum spielen, in denen ganze Großstädte von einem übermächtigen Gangsterboss regiert werden, der Polizei und Justiz in seiner Tasche hat. Nur dass Lagana kein Pinguinkostüm trägt oder eine Clownsmaske.
Tatsächlich hat Banion schon bald den Verdacht, dass sein toter Kollege korrupt war, findet jedoch keine Beweise dafür, und seine Vorgesetzten ziehen ihn von dem Fall ab, weil es unleugbar ein Selbstmord war und damit keine Angelegenheit für die Mordkommission ist. Doch die Bösen machen einen Fehler, indem sie die Geliebte des Toten brutal ermorden, und auch wenn dafür ein anderes Revier zuständig ist, zieht Banion die Ermittlungen an sich und legt sich mit seinen Vorgesetzten an.
Lang inszeniert den Beginn seiner Geschichte mit Präzision und Effizienz. Kein Bild, keine Einstellung, kein Dialog ist hier zu viel. Man lernt innerhalb weniger Minuten alle relevanten Figuren kennen und kann sich ein Bild von ihren Charakteren machen. Das Drehbuch von Sydney Boehm basiert auf einem Zeitungs-Fortsetzungsroman von William P. McGivern und enthält die typischen Zutaten des Film Noir wie einen unbestechlichen Ermittler und das good bad girl.
Letzteres wird von Gloria Grahame gespielt, die kurz zuvor einen Oscar für Stadt der Illusionen erhalten hatte, vor allem aber für ihr skandalöses Privatleben bekannt war. Sie gehörte nie zu den großen Schauspielstars in Hollywood, ist in ihrer Rolle als freches Gangsterliebchen aber dank pointierter Dialoge überzeugend und vielfach ein Scene-Stealer. Anstatt sich mit der Opferrolle zu begnügen, nimmt sie zuletzt sogar das Heft des Handelns in die Hand und stellvertretend für den Helden die Rolle der Rächerin ein.
Was wie ein emanzipatorischer Akt anmutet, ist allerdings eher der Tatsache geschuldet, dass man den Helden nicht beschädigen wollte, indem er seinen Rachefantasien freien Lauf lässt. Dabei muss Banion im Verlauf der Geschichte einiges erdulden. Glenn Ford gehört eher zu den Routiniers unter den Schauspielern, der wie immer solide Arbeit abliefert und einmal mehr den aufrechten Amerikaner gibt, der dabei aber erstaunlich wenige Emotionen zeigt. Mit einem Marlon Brando, dessen Schwester übrigens Banions Ehefrau spielt, wäre ein ganz anderer Film entstanden.
Heißes Eisen ist ein erstaunlich moderner Thriller, der zwar nicht mit einem raffinierten Plot aufwarten kann, aber durchweg überzeugt und überraschend gewalttätig ist.
Note: 3