The Accountant 2

Den ersten Teil haben wir damals in den USA gesehen, und ich muss gestehen, dass ich mich an nur sehr wenig daraus erinnern konnte, obwohl ich den Film an sich ziemlich gut fand. Er hatte viel Action, eine gute Prise Humor und Schauspieler, denen man gerne zusieht und bei denen auch die Chemie stimmt. Dennoch ist nicht viel hängengeblieben. Vielleicht lag es an der etwas dürftigen, vorhersehbaren Story oder der Tatsache, dass ich eigentlich keine Geschichten über Menschen mit Autismus mehr sehen möchte. Noch dazu, wenn sie von autistischen Menschen mit Inselbegabung handeln, die es zwar vereinzelt gibt, aber nicht so häufig, wie Hollywood uns das verkauft. Rain Man war damals ziemlich originell, der fünfzigste Aufguss davon ist es eher nicht.

Dennoch habe ich mir, um mein Gedächtnis aufzufrischen, den ersten Teil noch einmal angesehen – und wieder mit einigem Vergnügen. Bei der Sichtung fielen mir dann auch die Details rasch wieder ein, und letzten Endes war der Film sogar eine Spur besser als ich ihn in Erinnerung hatte. Grund genug, Teil 2 eine Woche nach dem Start im Kino zu sehen.

The Accountant 2

Der pensionierte Leiter der Abteilung für Finanzkriminalität in der US-Regierung, Ray King (J.K. Simmons), arbeitet inzwischen als Privatermittler. Auf der Suche nach einer vermissten illegalen Einwanderin und ihrer Familie trifft er sich mit einer Auftragsmörderin (Daniella Pineda), die er um Hilfe bittet. Doch beide werden von Killerkommandos gesucht, die zuschlagen und King töten. Als seine Nachfolgerin, Marybeth Medina (Cnythia Addai-Robinson), sich der Sache annimmt, steht sie vor einem Rätsel, bei dessen Lösung ihr nur einer helfen kann: Der Accountant Chris Wolff (Ben Affleck).

Ging es im ersten Teil noch um den rätselhaften Accountant, der nicht nur für die Mafia und andere brutale Gangsterorganisationen Geldgeschäfte tätigt und nebenbei Ray Kings Behörde wertvolle Tipps gibt, sondern der auch ein treffsicherer Schütze und erfahrener Kämpfer ist, muss diese vielschichtige Figur nicht weiter vorgestellt werden. Vor acht Jahren wurde uns noch seine gesamte Lebensgeschichte erzählt, die wichtig war, um zu verstehen, wie er zu dem Mann wurde, der er ist, und um seinen Bruder Braxton (Jon Bernthal) einzuführen, der dank des harten Drills ihres Vaters ein Auftragsmörder wurde.

Nun sind die beiden ungleichen Brüder wieder vereint und kämpfen ausnahmsweise für eine gerechte Sache. Die Zusammenarbeit mit Medina steht dabei von Anfang an unter keinem guten Stern, da sie auf verschiedenen Seiten des Gesetzes stehen. Medina will alles korrekt und nach Dienstvorschrift erledigen, Braxton und Chris nehmen lieber Abkürzungen und haben auch kein Problem damit, Informationen mittels Folter zu extrahieren. Zudem kann Chris auf eine Gruppe hochbegabter autistischer Kinder zurückgreifen, die im Keller eines von ihm finanzierten neurologischen Instituts am Computer sitzen, mit denen sie Dinge tun können, von denen FBI und CIA nicht einmal zu träumen wagen.

Ja, Autisten sind die neuen Superhelden. Abgesehen davon, dass diese Idee ziemlich abgedroschen und ein bisschen albern ist, funktioniert sie immer noch ganz gut und sorgt für den einen oder anderen Lacher. Wie auch Chris‘ mitunter schräges Gebaren, etwa bei einem Speeddating-Event, bei dem er dank seines guten Aussehens sofort im Mittelpunkt steht, bis er seinen nicht vorhandenen Charme und etwas verquere Ansichten verbreitet. Diese Komödienelemente sind das Salz in der Suppe und dringend notwendig.

Die Story selbst ist erneut etwas dürftig, aber in der Summe dennoch raffinierter gestrickt als im ersten Teil. Der Oberschurke ist von Anfang an bekannt, bis man aber erfährt, warum er King und die Auftragsmörderin töten lassen will, vergeht viel Zeit. Gerade im Mittelteil hat der Film einige Längen, die jedoch nicht allzu schwer ins Gewicht fallen, und nach einem überraschenden Twist steuert er schließlich auf ein solides Ende zu.

Alles in allem ist The Accountant 2 eine gelungene Fortsetzung, dank liebenswerter Figuren und einem Schuss Humor, der ruhig noch ein wenig größer hätte ausfallen können. Ein bisschen mehr Action hätte dem Film sicherlich auch gut getan, aber das ist Jammern auf hohem Niveau, denn man verlässt das Kino mit einem zufriedenen Gefühl, und das ist heutzutage leider eine Seltenheit.

Note: 2-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.