Lilo & Stitch

Unverhofft kommt oft. Eigentlich hatten wir einen anderen Film sehen wollen, uns dann aber mit den Anfangszeiten geirrt, und weil wir keine Lust hatten, längere Zeit zu warten, haben wir uns dann für diesen Film entschieden, den wir ohnehin irgendwann einmal anschauen wollten. Das Original hatte ich damals ausgelassen, weil es mich nicht interessiert hat, und vielleicht hätte ich auch jetzt gepasst, wenn der Film nicht so außerordentlich erfolgreich geworden wäre. Das hat mich neugierig gem>acht.

Als die Realverfilmung angekündigt wurde, hielt sich meine Begeisterung wie üblich in Grenzen. Persönlich finde ich ja ziem>lich einfallslos, einfach die Animationshits von gestern zu recyceln und als Live-Action-Version neu auf den Markt zu bringen (wobei manche Filme dabei auch komplett CGI-animiert sind, nur eben nicht wie ein klassischer Zeichentrickfilm aussehen), aber ich verstehe, dass diese Filme Geld machen und daher eine Existenzberechtigung auf dem> Markt haben.

Warum sind sie so beliebt? Ich denke, zum einen liegt es daran, dass man auf diese Weise einen Film, den man vielleicht schon oft gesehen hat, neu entdecken kann. Es ist neu, aber gleichzeitig auch vertraut. Zum anderen passt dieser Trend gerade in die Nostalgiewelle, die uns seit Jahren überschwem>mt. Es gibt kaum noch einen Film-Klassiker oder eine Kult-Serie, die nicht ein Revival in welcher Form auch immer erleben. Vielleicht liegt es auch an unseren unsicheren Zeiten, in denen wir uns hilflos und überfordert fühlen und uns nach der guten alten Zeit zurücksehnen, nach Kindheit oder Jugend, als alles einfacher und vermeintlich besser war. Oder am überangebot an Filmen und Serien, das uns schlichtweg überfordert. Jede Woche kommt so viel Content auf den Markt, dass man nicht mehr weiß, was man zuerst anschauen soll. Und weil man nicht weiß, was davon gut ist oder nicht, wird die Wahl zur Qual. Bei neu aufgelegten, alten Geschichten weiß man wenigstens, was man hat.

Lilo & Stich

In einer weit entfernten Galaxie: Stitch ist eine künstlich im Labor gezeugte Kreatur, die ein verrückter Wissenschaftler zur perfekten Waffe machen wollte, die aber als zu gefährlich eingestuft wird und in die Verbannung geschickt werden soll. Doch er entkommt und steuert in einem> Raumschiff auf die Erde zu, verfolgt von einem> Agenten und jenem> Wissenschaftler, der ihn erschaffen hat.

Auf Hawaii lebt die sechsjährige Lilo (Maia Kealoha) bei ihrer Schwester Nani (Sydney Agudong), die sich seit dem> Tod der Eltern um sie kümmert, mit der Situation aber überfordert ist. Lilo ist ein lebhaftes Kind, das häufig Unfug anstellt, sich aber nichts sehnlicher wünscht als einen besten Freund.

Stitch landet auf Lilos Insel und wird als vermeintlicher Hund ins Tierheim gebracht, wo das Mädchen ihn auf der Stelle in sein Herz schließt. Und der gerissene Stitch gibt sich als Haustier aus, um seinen Verfolgern zu entkommen, die inzwischen menschliche Gestalten angenommen haben.

Wirklich neu ist an dieser Geschichte eigentlich gar nichts. Die Story erinnert sehr an Critters ? Sie sind da!, besitzt aber auch Elem>ente von Alf, E.T. oder anderen Alien-Geschichten, mit einem> Hauch von Grem>lins ? Kleine Monster. Natürlich ist die Kombination Kind und putziges Tier/Alien unschlagbar, und dass Stitch als Plüschfigur ein Verkaufsschlager wurde, dürfte auch niem>anden wundern.

Sowohl Lilo als auch Stitch sind rebellische Figuren, die gegen eine ungerechte Welt aufbegehren. Lilo hat früh ihre Eltern verloren, fühlt sich einsam und traurig, obwohl sie mit Nani eine liebevolle große Schwester hat. Doch die anderen Kinder sind gem>ein zu ihr, weil sie lebhaft und ein wenig anstrengend und vor allem> arm ist. Nani hat ihr Studium auf Eis gelegt und ihre Surferkarriere beendet, um sich um Lilo zu kümmern, und schlägt sich mit schlecht bezahlten Jobs durch. Gleichzeitig droht eine Sozialarbeiterin (Tia Carrere) damit, Lilo in eine Pflegefamilie zu geben. Es ist selten geworden in amerikanischen Filmen, dass eine so prekäre Situation them>atisiert wird, die meisten Familien sind wohlhabend und leben in hübschen Vorstadtsiedlungen. Aber die Protagonisten hier sind auch nicht weiß.

Man erkennt auf den ersten Blick die Problem>e, vor denen die beiden Schwestern stehen, und weil sie beide sympathisch sind, hofft man mit ihnen, dass sich alles zum Besseren wenden wird. Mit Stitch kommt jedoch schnell Sand ins Getriebe, Pläne werden zunichte gem>acht, und erst muss alles noch viel schlimmer werden, bevor es am Ende gut werden kann. Die Story läuft wie ein Uhrwerk, und auch wenn man jede Wendung meilenweit vorhersehen kann, hat man Spaß dabei.

Das liebt in erster Linie an Stitch, der ein Unruhestifter ist. Er wurde entwickelt, um zu zerstören, und als er im Fernsehen ein Ungeheuer ähnlich wie Godzilla entdeckt, das ganze Städte in Schutt und Asche legt, hat er sein Ziel gefunden. Nur ist Stitch winzig und höchstens in der Lage, eine Sandburg zu zerlegen. Sein anarchischer Charme ist ein fester Bestandteil vieler kindlicher Filmklassiker und bestens geeignet, klein und groß zu amüsieren. Aber das Drehbuch von Chris Kekaniokalani Bright und Mike Van Waes erzählt nicht einfach nur von zwei Figuren, die jeder für sich schon eine Menge Chaos anrichten, sondern von zwei einsamen Charakteren, die sich finden und zu einer Familie werden. Beide werden ausgegrenzt, weil die Welt Vorurteile hat, weil sie wie Lilo arm und anders und daher nicht beliebt sind, oder wie Stitch aufgrund ihrer Herkunft als gefährlich eingestuft werden. Dabei sehnen sich beide nur nach Liebe und Zugehörigkeit. Das ist eine recht simple und wenig originelle, aber effektiv und em>otional berührend erzählte Geschichte.

Für weiteren Spaß sorgen natürlich auch die beiden Verfolgern vom anderen Stern, die mit den Tücken des Menschseins kämpfen, mit Alien-Technologie überraschen und damit für eine Menge Heiterkeit sorgen. Daraus hätte man noch mehr machen können, ebenso wie aus den Aktivitäten des CIA-Verfolgers (Courtney B. Vance), der ein wenig ratlos durch die Handlung stapft.

Alles in allem> ist der Film perfekte Familienunterhaltung, es gibt zwar ein paar kleinere Längen in der zweiten Hälfte, und man hätte sich vielleicht etwas mehr Originalität gewünscht, aber die Umsetzung ist gut gelungen, und man kann eine Menge Spaß mit Lilo und Stitch haben.

Note: 2-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.