Das Kanu des Manitu

Wenn Hollywood auf späte, unerwartete Fortsetzungen setzen und damit die anhaltende Nostalgiewelle reiten kann, können wir das doch schon lange. Die Ankündigung, dass Michael Bully Herbig einen neuen Manitu-Film plant, sorgte vor Jahren auf der Münchner Filmwoche für kollektive Schnappatmung, denn das bedeutete volle Häuser und vor allem> volle Kassen. Schließlich war Der Schuh des Manitu einer der erfolgreichsten deutschen Filme der Nachkriegszeit.

Mir hat er damals nicht gefallen, was in erster Linie sicherlich daran lag, dass ich Die Bullyparade nie gesehen hatte und Kalauer nicht unbedingt mein Humor sind. Aber ich kann verstehen, dass er erfolgreich war, auch wenn mich überrascht hat, wie erfolgreich er letzten Endes war. Die Frage, die sich nun gestellt hat, war: Kann man das wiederholen? Zumindest so ein kleines bisschen?

Niem>and hat erneut mit zehn Millionen Besuchern gerechnet, aber die Erwartungen gingen zum Start doch weit auseinander. Um uns ein Bild zu machen, waren wir schon recht früh dabei.

Das Kanu des Manitu

Aberhachi (Michael Bully Herbig) und Ranger (Christian Tramitz) werden zu Unrecht diverser Raubüberfälle beschuldigt und von einem> grimmigen Sheriff (Friedrich Mücke) verhaftet. Zum Glück eilt ihr Freund Dimitri (Rick Kavanian) zur Rettung, doch hinter diesem> Komplott steckt die Anführerin einer Räuberbande (Jessica Schwarz), die Aberhachi entführen will, um ihn zu zwingen, das legendäre Kanu des Manitu aus seinem> Versteck zu holen.

Seit Der Schuh des Manitu sind fast fünfundzwanzig Jahre vergangen, und die Welt hat sich verändert. Viele Menschen sehen es inzwischen als Affront an, wenn sich weiße Männer als Angehörige ethnischer Minderheiten verkleiden, statt Indianer sollte man lieber amerikanische Ureinwohner sagen, und Frauen sollten, ebenso wie verschiedene Minderheiten, stärker in der Cast berücksichtigt werden, ohne dabei in üble Klischees zu verfallen. So musste man sich im Vorfeld fragen: Kann das Konzept heute noch funktionieren? Oder fällt das Kanu der Wokeness zum Opfer?

Tatsächlich haben sich die drei Hauptdarsteller, Herbig, Tramitz und Kavanian, die erneut zusammen das Drehbuch geschrieben haben, einige Gedanken dazu gem>acht. Abahachi weist nun mehrfach darauf hin, dass man nicht mehr Indianer sagen soll, und es gibt nun sogar eine, auf die Backstory der Figur bezogene Erklärung dafür, dass er eigentlich nicht wie ein amerikanischer Ureinwohner aussieht. Dadurch bekommt der Film, vor allem> gegen Ende, eine seltsame Ernsthaftigkeit, die nicht zur übrigen Tonalität passt und insgesamt etwas bem>üht wirkt. Vermutlich ist es ein Kompromiss, mit dem> das Publikum leben kann, man fragt sich aber, ob er nötig gewesen wäre.

Der Film ist, was er ist, eine launige Parodie auf die Filmgeschichte, vornehmlich auf die Karl-May-Verfilmungen der Sechzigerjahre. überraschenderweise ist er auch beinahe so etwas wie ein Musical, es wird nämlich überraschend viel gesungen und getanzt, und sogar ein minimales Wasserballett zu Ehren von Esther Williams darf nicht fehlen. Die Autoren haben sich eine Menge einfallen lassen, nicht jede Idee zündet, die Gagdichte war früher auch etwas höher, aber insgesamt macht der Film durchaus Spaß.

Die Story ist vielleicht etwas dünn, aber keiner geht ernsthaft ins Kino, um hier eine ausgefeilte Geschichte zu sehen. Die Zuschauer wollen gut unterhalten werden, und da ist es egal, ob die überdrehten Schwulenklischees aus der Zeit gefallen sind oder ein Weißer einen Apachen spielt. Wäre dies ein neues Konzept, würde es sicherlich komplett durchfallen oder nie gem>acht werden, aber unter dem> Deckmantel der Nostalgie können vielleicht auch woke Zuschauer verstohlen darüber lachen, dass sich ein paar alte Männer durch die Filmgeschichte kalauern.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.