Indianer, ein versteckter Schatz und ein Wolf im Regen

Von Durango haben wir auch am nächsten Tag nicht allzu viel gesehen. Wir sind mit dem Wagen durch die historische Altstadt gefahren, haben uns die properen Häuser und Geschäfte angesehen, uns über ein indisch-nepalesisch-tibetisches Restaurant gewundert und vergeblich versucht, den Bahnhof zu finden. Irgendwie sind wir eine Straße zu früh abgebogen und waren schon halb auf dem Weg zum Highway, als wir unseren Irrtum bemerkten. Natürlich hätten wir umkehren können, aber von Weitem sah er nur wie ein gewöhnlicher Bahnhof aus.

Colorado, stellen wir fest, hat sehr viele hübsche, herausgeputzte Kleinstädte, die ganz gut von ihrer Industrie, aber auch vom Tourismus leben können. Kein Vergleich mit manchen Gegenden in Nebraska oder South Dakota, in denen man problemlos einen Horrorfilm wie The Hills Have Eyes drehen könnte.

Unser erster Stopp des Tages war am Chimney Rock National Monument, benannt nach einem – wie sollte es anders sein – kaminähnlichen Felsen, der wie ein Stinkefinger in den Himmel ragte. Der Highway führt hier durch ein weites Tal mit saftig grünen Weiden und dunklen Wäldern, und zum Kontrast wachsen am Straßenrand büschelweise leuchtend gelbe Blumen. In Deutschland werden sie liebevoll in Gärten gezüchtet, hier wuchern sie wie Unkraut. In beiden Ländern kennt man sie als schwarzäugige Susanne oder blackeyed susan.

Wir sind aber nicht so weit gefahren, um uns eine Felsnadel anzusehen, sondern weil es hier indianische Ruinen gibt. Mesa verde mit seinen Cliff dwellings ist auch nicht weit entfernt, aber dort waren wir schon 2009. Beim Chimney Rock gibt es die Überreste einer Siedlung zu bewundern, in der vor über tausend Jahren rund zweitausend Menschen gelebt haben sollen. Auf einem Bergrücken, den man mit relativ wenig Mühe besteigen kann (man sollte allerdings keine allzu große Angst vor Höhen haben, da es links und rechts des Wegs sehr abschüssig ist und man auch über einige Felsen klettern muss), gibt es ein weiteres Gebäude. Dessen Zweck ist nicht ganz geklärt, man vermutet aber, dass es zu astrologischen Beobachtungen und/oder damit einhergehenden religiösen Zeremonien benutzt wurde.

Nachdem wir uns ein wenig mit der Geschichte der Ureinwohner beschäftigt hatten, ging es weiter nach Pagosa Springs. Auch dort findet man heiße Quellen, die zur Heizung öffentlicher Gebäude oder zur Speisung von Schwimmbecken benutzt werden. Mit 67 Grad Celsius sind es die heißesten Quellen in den USA. Wirklich sehenswert waren sie jedoch nicht, obwohl sie in Form und Farbe durchaus an ihre Cousins in Yellowstone erinnern, nur stört es etwas, das sie sich mitten in der Stadt befinden, zum Beispiel im Hof eines Hotels. Und sie verbreiten einen unangenehmen Schwefelgestank, den man nicht unbedingt riechen möchte, wenn man auf der Hotelterrasse ein Sandwich mit Eiersalat isst.

Der gesamte Ort ist auf diese Quellen und ihre Nutzung ausgerichtet und wirkt überaus geschäftig. Doch mit der Eleganz europäischer Kurorte wie Karlsbad oder Baden-Baden kann Pagosa Springs leider nicht mithalten. Nach einem sehr kurzen Stopp sind wir daher weitergefahren.

Vor uns lagen die San Juan Mountains, die es zu überqueren galt, und wieder ging es hoch hinaus. Die Straße steigt über 1000 Meter an und ermöglicht dem Besucher, der klug genug ist, einen Blick zurückzuwerfen, einen tollen Ausblick auf ein wunderschönes, von hohen Bergen umgebenes Tal. Auf halber Strecke zwischen Pagosa Springs und dem Wolf Creek Pass stießen wir durch Zufall auf ein landschaftliches Kleinod.

Treasure Falls heißt der Wasserfall, der sich hier viele Meter in ein schmales Becken ergießt und dann als Bach weiter ins Tal plätschert. Der Weg zum Aussichtspunkt ist nicht weit, aber recht beschwerlich, muss man schließlich sechzig Höhenmeter auf einem unbefestigten Pfad zurücklegen. Doch es lohnt sich.

Ein wenig fühle ich mich wie eine kaputte Schallplatte, wenn ich schon wieder schreibe, dass sich am Nachmittag der Himmel verdunkelte und ein Gewitter drohte. Liegt es an der Monsunsaison? Am Klimawandel? Oder haben wir einfach nur Pech, dass es fast jeden Tag regnet? Daheim führen sie bereits Regentänze auf, die Flüsse vertrocknen, und wir ärgern uns, dass uns ein Unwetter erneut einen Strich durch die Rechnung macht.

Statt vom Wolf Creek Pass aus auf das wunderschöne Tal und die hohen, bewaldeten Berge zu blicken, starrten wir nur auf die Scheibenwischer, die den Regen kaum bewältigenden konnten. Dabei ist der Blick vom Pass hinunter ins Tal wunderschön, und der Fluss, der sich hier aus zahlreichen Quellen und weiteren Zuflüssen speist, ist der Rio Grande.

Immerhin wurde unser Auto, das beim Chimney Rock so zugestaubt wurde, dass man durch die Rückscheibe nichts mehr erkennen konnte, wieder sauber. Blöd war nur, dass damit auch unser Ausflug zum Grand Sand Dunes National Park ins Wasser fiel. Buchstäblich. Ein Glück nur, dass wir bereits 2016 dort waren. Über ein Wiedersehen und ein paar Sonnenuntergangsbilder hätte ich mich dennoch gefreut.